Knapp zwei Monate nach Beginn der völkerrechtswidrigen Invasion Russlands in die Ukraine und dem mittlerweile fünften EU-Sanktionspaket stehen die Unternehmen der Elektro- und Digitalindustrie weiterhin hinter den getroffen politischen Maßnahmen. Drei von vier Mitgliedsunternehmen halten die Sanktionen für angemessen, jedes Fünfte könnte sich sogar schärfere Maßnahmen vorstellen. Nur drei Prozent halten die Sanktionen für zu weitgehend.
Die Ergebnisse einer aktuellen ZVEI-Mitgliederbefragung machen zudem deutlich, dass jedes zweite Unternehmen direkt von den Sanktionen gegen Russland betroffen ist. „Unsere Befragung zeigt, dass viele Unternehmen die Sanktionsvorgaben sogar übererfüllen“, erklärt Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung, „und kaum noch Waren nach Russland und Weißrussland ausführen.“
Mehrere Gründe führten zu dieser „Over-Compliance“. „Zum einen haben Restriktionen bei Logistik und Finanztransaktionen Geschäfte blockiert, die an sich noch möglich gewesen wären. Zum anderen standen und stehen nach wie vor viele Unternehmen unter Erwartungsdruck von Mitarbeitenden, Kunden und anderen westlichen Stakeholdern“, so Weber weiter. Es sei daher gut, dass die neuen Sanktionspakete Schlupflöcher bei nicht-humanitären Produkten zunehmend schließen. So könnten die Exportsanktionen auch noch stärker als politisches und wirtschaftliches Signal gegenüber Russland wirken – und den Druck auf die Debatte eines Gas-Embargos lindern.
Sichere Energieversorgung essenziell: Gas-Embargo mit hohen Risiken
Die Mitgliederbefragung zeigt deutlich, dass die Unternehmen die Sicherstellung der Energieversorgung intensiv beschäftigt. Obwohl die Branche nur in wenigen Teilbereichen wie etwa der Herstellung von Kabeln, Batterien und Halbleitern energieintensiv ist, zeigen sich gerade dort hohe Abhängigkeiten von einer gesicherten Gasversorgung. Für zwei von fünf Unternehmen würde ein Gas-Stopp zum jetzigen Zeitpunkt zu erheblichen Produktionseinschränkungen führen. Mit Blick auf die stark gestiegenen Energiepreise besteht die Erwartung bei einer Mehrheit der Unternehmen (62 Prozent), dass die Bundesregierung Zuschüsse bereitstellt, um die gestiegenen Kosten abzupuffern. Weber: „Das von der Bundesregierung in der vergangenen Woche geschnürte Hilfspaket geht in die richtige Richtung, muss bei den Unternehmen jetzt allerdings schnell ankommen und für alle betroffenen Branchen offen sein.“
Über 60 Prozent der Unternehmen befürchten, dass sich die bestehenden Schwierigkeiten in der Lieferkette in den nächsten Wochen nochmals verschärfen werden, obwohl es den Unternehmen zu einem guten Teil gelungen ist, ihre sonstigen Rohstoffbedarfe zunehmend aus anderen Regionen als Russland zu decken. Zusätzliche Engpässe werden insbesondere bei Edelstahl und anderen Metallen, Holz, Chemieprodukten und Halbleitern erwartet. Weitere Sorgen sind die knappen Containerkapazitäten.