Die jährlichen Investitionen in die Verstärkung von Stromkabeln und Trafos liegen bis 2050 bei 1,5 bis 2,1 Milliarden Euro, wenn eine Ladesteuerung deren Überlastung verhindert. Damit muss künftig nicht mehr in Verteilnetze investiert werden als bisher.
Die deutschen Stromnetze können in den nächsten Jahrzehnten mit vergleichsweise geringem Aufwand fit für die massenhafte Einführung von Elektroautos gemacht werden. Eine intelligente Regulierung vorausgesetzt, wird es bis 2050 jährlich 1,5 Milliarden Euro kosten, Kabel und Transformatoren so zu verstärken, dass sie den Strom für dann 30 Millionen Elektroautos transportieren können. Diese Kosten lassen sich durch die zusätzliche Stromnachfrage der Fahrzeuge decken und führen nicht zu steigenden Strompreisen. Bei einer Vollelektrifizierung des Fahrzeugbestandes auf heutigem Niveau, die mit 45 Millionen Elektrofahrzeugen im Jahr 2050 einhergeht, würden sich die jährlichen Netzausbaukosten auf bis zu 2,1 Milliarden Euro belaufen. Damit muss zukünftig nicht mehr in Stromverteilnetze investiert werden als in der Vergangenheit. In diesen Kostenschätzungen enthalten sind bereits Ausgaben zur Modernisierung der Netze, die ohnehin anfallen würden. Das sind zentrale Ergebnisse einer Studie, die Agora Verkehrswende, Agora Energiewende und The Regulatory Assistance Project (RAP) jetzt vorgestellt haben.
Voraussetzung für den kostenoptimierten Ausbau der Verteilnetze ist, dass Lastspitzen beim Laden der Fahrzeuge abgemildert werden, so dass eine teure Überdimensionierung von Kabeln und Transformatoren vermieden wird. Das dafür nötige “gesteuerte Laden” kann auf eine Weise erfolgen, die für die Fahrzeugnutzer so gut wie nicht spürbar ist. Dazu würden die Betreiber der Verteilnetze Prognosen über die voraussichtliche Belastung ihrer Netze vorab an Stromlieferanten geben, die daraufhin die Ladestationen für die Elektroautos so steuern, dass es nicht zu Netzüberlastungen kommt. Im Gegenzug könnten die Nutzer der Elektroautos zu lastarmen Zeiten einen Rabatt auf die Netzentgelte für ihren Autostrom erhalten. Sollten sie dennoch zu Zeiten von Netzspitzen mit hoher Leistung laden wollen, so müssten sie mit einem Aufschlag auf die normalen Netzentgelte rechnen. Ohne ein derart gesteuertes Laden wäre der Netzausbau für eine große Zahl von Elektroautos nicht finanzierbar, da die Stromnetze dann auf die maximale Stromnachfrage hin ausgebaut werden müssten, die nur an wenigen Stunden im Jahr auftritt.
Die Studie arbeitet zudem Unterschiede bei den Netzausbaukosten zwischen städtischen, halbstädtischen und ländlichen Regionen heraus. Demnach profitieren insbesondere Vorstädte und das Land vom gesteuerten Laden, die jährlichen Netzausbaukosten können dadurch mehr als halbiert werden: Bei einem bundesweiten Bestand von 15 Millionen Elektroautos im Jahr 2030 sinken sie dadurch beispielsweise von 99 auf 39 Euro pro Kopf und Jahr.
“Eine gute Regulierung vorausgesetzt, zahlen in Zukunft die Besitzer der Elektroautos den Ausbau der Stromnetze und nicht die Gesamtheit aller Stromverbraucher. Dafür ist gesteuertes Laden die Voraussetzung, denn damit fallen die nötigen Investitionen in Leitungen und Trafos nicht höher aus als in den vergangen Jahren”, sagt Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. “Dafür müssen nun rasch die nötigen Schritte eingeleitet werden. Hierbei geht es insbesondere um Standards für die Steuerung der Ladestationen, die dafür nötige Software und um Tools, mit denen sich die Belastung der Stromnetze sehr genau prognostizieren lässt.”
Quelle: Agora Verkehrswende