Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) begrüßt die mit dem Solarpaket I verbundenen Regierungspläne, den Zugang zu preiswertem Solarstrom für private Verbraucher und Unternehmen ab dem kommenden Jahr weiter erleichtern zu wollen. Die Einbringung der in diesem Zusammenhang geplanten EEG-Reform in den Bundestag nimmt der Branchenverband aber auch zum Anlass, erneut Nachbesserungen an dem Gesetzespaket zu fordern. Die Gesetzesinitiative enthalte viele gute Reformansätze und Energiewende-Beschleuniger. In der Summe würden diese aber nicht ausreichen, um die von der Bundesregierung in den kommenden drei Jahren angestrebte Verdoppelung des Photovoltaik-Ausbautempos nachhaltig zu sichern. Dafür müssten weitere Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung, zur Kompensation gestiegener Finanzierungskosten und zum Bürokratieabbau greifen.
Dringenden Handlungsbedarf attestiert der Branchenverband der Politik auch bei der Initiierung konkreter Investitionsimpulse zur Wiederansiedlung von Solarfabriken im Gigawattmaßstab am Standort Deutschland. Erforderlich seien diese zum Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen, zur Diversifizierung von Lieferketten, zur Verringerung der Importabhängigkeit, zur Vermeidung von „Solar-Oligopolen“ und damit auch zur Sicherung nachhaltig niedriger Preise bei solartechnischen Schlüsselkomponenten, erklärte BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Zugleich warnte er aber vor dem Aufbau neuer Handelsbarrieren bei der Solartechnik. Diese könnten die Energiewende in Deutschland ausbremsen.
Der BSW regt an, dass Mehrkosten beim Erwerb von Solaranlagen „Made in Europe“ für einen Übergangszeitraum und in einem begrenzten Umfang mittels sogenannter „Resilienzboni“ und -auktionen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) künftig ausgeglichen werden. Andernfalls sei die Produktion von PV-Wafern, -Zellen und -Modulen aufgrund der zunächst noch geringen Produktionsvolumina nicht wettbewerbsfähig mit den deutlich größeren Solarfabriken in Asien und großzügig geförderten Photovoltaik-Produktionsstätten in den USA.
Von der Ampel-Koalition im Solarpaket I geplante Erleichterungen am Beispiel von fünf Handlungsfeldern:
Positive Impulse für die Energiewende erhofft sich der BSW u.a. durch folgende Vorhaben des heute in den Bundestag eingebrachten Gesetzesentwurfs:
1. Mehr Raum für Solarparks – Förder-Vorrang für „Agri-PV“
- Die derzeit im EEG verankerte starke Limitierung förderfähiger Solarpark-Standorte behindert zunehmend die Errichtung von Solarstromanlagen auf Freiflächen (PV-FFA). Dem will die Ampel-Koalition auf Anregung des BSW nun dadurch begegnen, dass landwirtschaftliche Flächen in benachteiligten Gebieten leichter genutzt werden können. Grundsätzlich sollen diese künftig für PV-Freiflächenanlagen geöffnet werden. Bundesländer können die Nutzung per Verordnung mittels einer „Opt-Out-Regelung“ nur noch zu einem bestimmten Grad einschränken, der die Zielerreichung beim PV-Ausbau nicht gefährdet.
- Um die Effizienz bei der Flächeninanspruchnahme weiter zu erhöhen, wird ein eigenes Auktionssegment mit einem eigenen Höchstwert für besondere Solaranlagen (Agri-, Floating- u. Parkplatz-PV) in den Ausschreibungen für PV-FFA eingeführt. Konstruktionsbedingte Mehrkosten dieser PV-Systeme können so künftig abgebildet werden, was bislang nur sehr eingeschränkt der Fall war.
2. Netzanschluss wird für Photovoltaiksysteme einfacher
Der Anschluss an das Stromnetz führt bislang regelmäßig zu Verzögerungen bei der Realisierung von Solaranlagen im Eigenheim-, Gewerbe- und auch im PV-Kraftwerkssegment. Hier wird die Bundesregierung nun zumindest teilweise Abhilfe schaffen.
- Zur Verlegung von Netzanschlusskabeln zwischen PV-Freiflächenanlagen und Netzanschlusspunkt soll gegen Entschädigungszahlung an den Grundstückseigentümer künftig ein Wegenutzungsrecht eingeräumt werden, wie es bereits im Bereich der Telekommunikation oder beim Bau von Hochspannungsleitungen existiert. Allein durch diese Maßnahme kann sich die Realisierungszeit von Solarparks künftig um durchschnittlich sechs Monate verkürzen. Dies geht aus einer aktuellen Branchenbefragung des BSW hervor. Langwierige und kostentreibende Verhandlungen mit Flächeneigentümern könnten künftig entfallen.
- Die bereits im EEG 2023 eingeführte Regelung eines vereinfachten Netzanschlusses für PV-Anlagen bis zu einer Leistung von 10,8 kWp soll auf PV-Anlagen bis 30 kWp ausgeweitet werden. Falls sich der Netzbetreiber innerhalb von vier Wochen nicht zum Netzanschlussbegehren äußert, können die Solaranlagen damit in der Regel ans Netz angeschlossen werden.
- Die bislang unverhältnismäßig strengen Regelungen beim Netzzugang gewerblicher PV-Systeme sollen darüber hinaus in mittleren PV-Leistungsklassen vereinfacht werden (u.a. Erhöhung des Schwellenwertes zur Anlagenzertifizierung).
3. Mieter können durch „Gemeinsame Gebäudeversorgung“ und „Steckersolargeräte“ künftig stärker von preiswertem Solarstrom profitieren
- Die Weitergabe von Solarstrom innerhalb eines Gebäudes an mehrere Stromverbraucher soll im Rahmen einer „Gemeinsamen Gebäudeversorgung“ attraktiver werden. Dabei werden PV- Anlagenbetreiber nicht mehr zum Energieversorger, sondern können den Solarstrom künftig barrierearm an Mieter:innen und Mitbewohner:innen veräußern, soweit er gerade verfügbar ist. Den zusätzlich benötigen Strom können die Verbraucher:innen von einem selbst gewählten Versorger beziehen. Mit einer geplanten „Gemeinsamen Gebäudeversorgung“ werde es künftig leichter, die Potenziale für Prosuming und Sektorenkopplung u.a. in den rund sechs Millionen Mehrfamilienhäusern mit zwei bis sechs Wohneinheiten umzusetzen, ohne umständliche Stromversorgerbürokratie und ohne die Installation teurer Messtechnik.
- Zumindest zahlenmäßig ebenfalls wachsen dürfte das Potenzial von „Steckersolaranlagen“ bzw. sogenannten „Balkonkraftwerken“ durch das Solarpaket I. Der Gesetzentwurf definiert Steckersolargeräte als eigenen Anwendungsfall für Photovoltaik, grenzt diese in Mieter:innenhaushalten und bei Wohnungseigentümer:innen immer beliebteren solaren Kleinerzeuger:innen von der Installation größerer Solarsysteme rechtlich ab und vereinfacht ihre Nutzung und Anmeldung. Künftig soll man das „Balkonkraftwerk“ nur noch in einer Datenbank eintragen müssen. Alte nicht-digitale Stromzähler dürfen übergangsweise weiterverwendet werden, die sich dann einfach rückwärts drehen, wenn Strom vom Balkon ins Netz eingespeist wird. Bisher darf jeder mit einer kleinen Solaranlage 600 Watt Strom produzieren – diese Grenze soll angehoben werden auf bis zu maximal 800 Watt.
4. Verbesserte Förderung für tausende „Solarstadl“
Gefolgt ist die Ampel-Koalition der Branchenempfehlung, die Solarstadl-Regelung derart zu aktualisieren, dass Landwirte, die seit dem Jahr 2012 im Außenbereich errichteten Gebäude mit Photovoltaikanlagen zu verbesserten Förderkonditionen nachrüsten können.
5. Vereinfachungen beim Repowering und bei der Direktvermarktung
Neben weiteren Verbesserungen für solare Mieterstrommodelle sieht das Solarpaket Vereinfachungen beim Repowering von Solardächern und bei der Direktvermarktung von Solarstrom vor. Letztere bleiben allerdings hinter den Branchenerwartungen zurück.