Kommentar: Au Revoir 2020 – Das haben wir gelernt

Ein Blick zurück in den Dezember 2019: Ein überaus erfolgreiches Jahr liegt hinter der Elektrobranche, die Light + Building wirft ihre Schatten voraus. Hätte uns zu dem Zeitpunkt jemand gesagt, dass es 2020 fast keine Messen und Veranstaltungen – noch nicht einmal persönliche Treffen – geben würde, wir hätten an einen Science Fiction Film gedacht. Nun ist es Realität. Ein Jahr liegt hinter uns, in dem Covid-19 den Takt vorgegeben hat. Und es blieb nichts zu tun, als abzuwarten, dass vonseiten der Politik Entscheidungen über den Lockdown oder Lockerungen getroffen werden, stets hoffend, dass ein Impfstoff gefunden wird, sich zurück sehnend in die „Normalität“. Die Unsicherheit ist ein stetiger Begleiter geworden, genauso wie die Angst, sich mit dem Virus anzustecken und es womöglich ungewollt an Menschen weiterzugeben, die der Risikogruppe angehören. Nun fragen wir uns: Wird es sie je wieder geben, die Normalität? Nein. Auch wenn es drastisch klingt. Nichts wird je wieder sein wie vorher. 2020 hat aber gezeigt, dass wir als Branche stark sind und Veränderung unter Druck schneller vorantreiben können, als gedacht.

Das Jahr 2020 – Ein Rückblick

„Mit Zuversicht ins neue Jahrzehnt“, überschrieb Holger Heckle, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes des Elektro-Großhandels (VEG) e.V. sein Editorial im Januar 2020. Zu diesem Zeitpunkt machte man sich Sorgen um einen kleinen Konjunkturdämpfer durch den Brexit und Handelskonfl ikte. Doch es kam ganz anders. Ende Februar, als die Lage in China und Italien sich immer weiter zuspitzte, wurde bekannt, dass die Light + Building auf September verschoben werden sollte. Zu dem Zeitpunkt steckten nicht nur die Aussteller und alle Beteiligten der Messe in den Vorbereitungen. Auch die ElektroWirtschaft hatte bereits die Messeausgabe fertig und die Messe-App im Store zur Verfügung gestellt. Nun hieß es umdenken! Die ganze Welt befand sich im März in Schockstarre. Neben persönlichen Ängsten vor einer Ansteckung wuchs die wirtschaftliche Unsicherheit. Am 11. März rief die WHO eine Pandemie aus, Kanzlerin Angela Merkel warnte vor einer Überlastung des Gesundheitssystems. Die Unternehmen reagierten schnell: Mitarbeiter wurden ins Homeoffi ce geschickt, in schnellster Zeit wurde die notwendige technische Infrastruktur aufgebaut. Zoom, Microsoft-Teams oder Go-To-Meeting-Sitzungen ersetzten die Vor-Ort-Termine und am 22. März einigten sich Bund und Länder auf Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. Die Straßen waren leer, Geschäfte und Restaurants geschlossen. Deutschland befand sich im Lockdown.

Systemrelevanz

Elektrogroßhandels- und -handwerksunternehmen wurden als systemrelevante Einrichtungen eingestuft. Vorrangiges Ziel war es, während des Shutdowns Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit der Mitarbeiter und Kunden zu schützen und die Ansteckungsgefahr zu verringern. Die Aufrechterhaltung der Lieferketten und der Logistik stand im Fokus der geschäftlichen Aktivitäten. Dass die Partner im dreistufi gen Vertrieb zusammenhalten, wurde dabei deutlich zum Ausdruck gebracht. „Die Einschränkung von physischen Kontakten führt nicht automatisch zum Verlust der Solidarität. Bei der Coronakrise handelt es sich nicht um eine individuelle, sondern um eine gemeinsame Herausforderung. Das stärkt den Zusammenhalt der Menschen. Und darin liegt die größte Kraft im Kampf gegen das Virus.“ Das machte Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung des ZVEI, im Gespräch mit der ElektroWirtschaft deutlich.

Eine Sonderumfrage des ZVEH Ende März zeigte, dass die elektrohandwerklichen Innungsbetriebe weniger als andere Gewerke von der Krise betroffen waren. Zu diesem Zeitpunkt verzeichneten 58,6 Prozent der Betriebe Umsatzrückgänge, 41,4 Prozent hatten noch keine Auswirkungen gespürt. Anfang Mai wurde dann die Light + Building für 2020 komplett abgesagt. Es folgte die Absage weiterer Branchenveranstaltungen: Im Juni wurde bekannt gegeben, dass die belektro ausgesetzt und erst 2022 wieder stattfi nden wird. Gleiches gilt für die GET Nord. Im Mai sollte die VEG-Jahrestagung in Leipzig stattfi nden, die ebenfalls abgesagt wurde. Der Appell von Holger Heckle, VEG-Vorstandsvorsitzender, und Dr. Hans Henning, VEGHauptgeschäftsführer, lautete: „Lassen Sie uns gemeinsam jetzt vorantreiben, was wir für das Geschäft, die Wirtschaft und das Leben nach der Krise brauchen.“

Was bleibt?

Bei allen Herausforderungen, die die Corona-Krise mit sich brachte, stellt sich die Frage, was wir gelernt haben und wie uns diese Zeit nachhaltig prägen und verändern wird. Auf persönlicher Ebene haben wir zu schätzen gelernt, was es heißt, frei reisen zu können. Die Menschen zu treffen, mit denen wir uns treffen möchten, unabhängig von Ort und Anzahl. Wir haben vor allem gelernt, dass Gesundheit das höchste Gut ist, das wir haben und das es zu schützen gilt. Wir haben aber nicht nur im persönlichen Umfeld vor Augen geführt bekommen, was Partnerschaft heißt, sondern auch im geschäftlichen.

Corona hat uns außerdem gelehrt, wie schnell manche Dinge gehen können, wenn wir einfach machen. Wie heißt es so schön: „Erfolg hat drei Buchstaben: TUN“ So wurde in vielen Unternehmen blitzschnell auf mobiles Arbeiten umgestellt, nachdem vielerorts lange Diskussionen im Sande verlaufen sind, ob ortsunabhängiges Arbeiten möglich ist. Herausforderung für die Nach-Corona-Zeit ist es, die Prozesse, die aus der Not heraus angestoßen wurden, weiter zu entwickeln und voran zu treiben. „Die Pandemie wirkt wie ein Katalysator auf die Digitalisierung und belohnt diejenigen, die ihre digitalen Hausaufgaben erledigt haben“, bekräftigte Philipp Hensel, Geschäftsführer der Gustav Hensel GmbH & Co. KG. Doch nicht nur die Steigerung der Leistungsfähigkeit und der Kosteneffizienz durch Digitalisierung gewann an Dynamik. Auch ein Blick auf die Lieferketten könnte für die Zukunft Veränderungen bringen. „Unsere Lieferkette war zuerst durch die Schließung der Fabriken in China bedroht und wir mussten uns und unsere Partner auf eine geringere Warenverfügbarkeit einstellen. Glücklicherweise haben wir davon profitiert, dass der Elektrogroßhandel dank seiner Lager viel puffern konnte. (…) Aber diese Situation hat uns gezeigt, dass wir über eine stärker regionale Supply Chain nachdenken müssen. (…) In diesem Zusammenhang können beispielsweise 3D-Druckverfahren für regionale Produktion eine gewichtige Rolle spielen“, so Roger Karner, Geschäftsführer Signify DACH im Interview.

Persönlicher Austausch – Zukunft der Messen

„Die menschliche Begegnung ist nicht zu ersetzen“, bekräftigte Wolfgang Marzin, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Frankfurt. „Wir sehen diese Zeit auch als Chance. Die Planung „Hybrider Konzepte“ – also Optionen für Aussteller und Besucher, die nicht zur Messe kommen können – begann schon vor einigen Jahren. Wir arbeiten nun mit Hochdruck an Lösungen, die eine physische Messe mit digitalen Teilnahmemöglichkeiten kombiniert.“ Wie sich Messen verändern und welche Bedeutung die digitale Wissensvermittlung zukünftig übernehmen wird, werden die nächsten Jahre zeigen.

Ausblick 2021

Dieses besondere Jahr geht nun zu Ende und wir möchten uns im Namen des gesamten Teams der ElektroWirtschaft für die partnerschaftliche Zusammenarbeit bedanken, die sich gerade in Krisenzeiten zeigt und bewährt. Wir blicken mit Spannung und Vorfreude auf 2021. Wir sind gespannt, ob das soziale und wirtschaftliche Leben im Frühjahr wieder Fahrt aufnehmen wird. Wir sind gespannt zu beobachten, welche Prozesse, Maßnahmen und Formate sich in der Krise bewährt haben und uns weiterhin begleiten werden. Mit Vorfreude sehen wir einigen Aktivitäten und Themen entgegen, die wir für Sie geplant haben. Wir vermissen den persönlichen Austausch mit Ihnen und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen! Die ElektroWirtschaft feiert im Juli ihren 66. Geburtstag und am 16. September findet in Dortmund unser 6. Forum ElektroWirtschaft statt. Unbedingt vormerken! In diesem Sinne noch eine schöne Adventszeit und ein frohes neues Jahr 2021! Bleiben Sie gesund!

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der Dezember-Ausgabe der ElektroWirtschaft. Als Printabonnent haben Sie fünf Zugriffe auf die digitale Ausgabe inklusive. Stöbern Sie ansonsten in unserem Shop.

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