Die Professorinnen und Professoren an deutschen Universitäten bewerten den Wirtschaftsstandort Deutschland im internationalen Vergleich durchschnittlich mit der Schulnote 3,4. Eine positive Wahrnehmung des Wirtschaftsstandorts drücken 22 Prozent der Teilnehmer aus. Davon haben zwei Prozent die Note „sehr gut“ und 20 Prozent die Note „gut“ vergeben. Sie betonen die gute Ausbildung der Arbeitskräfte, den starken Forschungsstandort Deutschland und die weiterhin vorhandene Innovationskraft der Unternehmen. Zudem verweisen sie auf stabile politische Verhältnisse, Rechtssicherheit und institutionelle Rahmenbedingungen als Gründe für eine positive Bewertung des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Mehr als die Hälfte der Ökonominnen und Ökonomen stellt dagegen ein mittelmäßiges Zeugnis aus. 38 Prouent der Teilnehmer vergeben die Note „befriedigend“ und 17 Prozent vergeben die Note „ausreichend“ für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Sie sehen auch Bildung und Institutionen als Stärken. Jedoch wird in dieser Gruppe vielfach die Sorge geäußert, dass die Substanz zunehmend erodiert und der Standort Deutschland an Attraktivität verliert. Insbesondere die umfassende Bürokratie, fehlende öffentliche Investitionen, der Mangel an Fachkräften, hohe Energiepreise und mangelhafte Digitalisierung trüben die Bewertung.
Es vergeben 20 Prozent der Teilnehmer die Note „mangelhaft“ und drei Prozent die Note „ungenügend“. Für diese Gruppe gibt es kaum Positives. Stattdessen nimmt sie den Wirtschaftsstandort Deutschland als eine Bündelung von wirtschaftshemmenden Faktoren wie hoher Bürokratie, hohen Steuern, hohen Energiekosten sowie geringen Investitionen, schleppender Digitalisierung und sich zuspitzenden demografischen Herausforderungen wahr. Die Ökonominnen und Ökonomen führen auch die Wirtschaftspolitik der Ampel-Regierung als eine Belastung für den Wirtschaftsstandort Deutschland an. Insgesamt gibt es bestimmte Faktoren, die übergreifend positiv bzw. negativ für den Wirtschaftsstandort Deutschland gesehen werden. Dabei ist die individuelle Bewertung des Wirtschaftsstandortes davon abhängig, welche Faktoren als maßgeblich betrachtet werden. Das kann im Folgenden detaillierter betrachtet werden.
Bürokratie, Energie und Rohstoffe sowie Digitalisierung als die größten Schwächen
Für den Wirtschaftsstandort Deutschland werden lediglich vier von den 13 abgefragten Standortmerkmalen häufiger als Stärke statt als Schwäche im internationalen Vergleich bewertet. Die politischen Institutionen werden von 67 Prozent der VWL-Professorinnen und -Professoren als eine Stärke gesehen und belegen damit den ersten Platz. Dahinter folgen Bildung und Humankapital (53 Prozent), Sicherheit und geopolitische Risiken (43 Prozent) sowie Zugang zu Finanzierung (36 Prozent). Diese vier Merkmale werden jeweils von 10 bis 15 Prozent der Teilnehmer als Schwäche gesehen – der Rest beurteilt sie neutral. Das Lohnniveau wird insgesamt neutral bewertet.
Für alle anderen Standortmerkmale ist der Anteil derjenigen, der die Merkmale als Schwäche für den Wirtschaftsstandort bewertet, mindestens doppelt so groß wie der Anteil derjenigen, der in dem Merkmal eine Stärke erkennt. Kritisch wird die Verfügbarkeit von Arbeits- und Fachkräften sowie die Konstanz der Wirtschaftspolitik gesehen, die jeweils von 38% der Ökonominnen und Ökonomen als Schwäche bewertet werden. Gleiches gilt für Infrastruktur und Steuern, die von knapp der Hälfte als Schwäche gesehen werden. Besorgniserregende Werte erzielen die letzten vier Merkmale. Die Lohnnebenkosten sehen 60 Prozent der Teilnehmer als eine Schwäche für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Bei der Digitalisierung sind es 67 Prozent sowie bei Energie und Rohstoffen 74 Prozent. Mit Blick auf Regulierung und Bürokratie sagen sogar 87 Prozent der Ökonomen, dass diese den Wirtschaftsstandort schwächen. Insgesamt wurde 841-mal ein Merkmal als Schwäche bewertet. Dem gegenüber stehen nur 412 Nennungen eines Merkmals als Stärke.
Detailblick – Stärken und Schwächen nach Bewertung des Wirtschaftsstandortes
Unabhängig von der Bewertung des Wirtschaftsstandortes Deutschland werden jeweils die gleichen drei Merkmale am häufigsten als Stärken genannt. Von den Teilnehmern, die den Wirtschaftsstandort Deutschland mit den Noten „sehr gut“ und „gut“ bewertet haben, geben 94 Prozent politische Institutionen, 88 Prozent Bildung und Humankapital sowie 53 Prozent Sicherheit und geopolitische Risiken als Stärke an. Die Häufigkeit der Nennungen sind bei jenen Ökonominnen und Ökonomen, die den Wirtschaftsstandort Deutschland kritischer bewertet haben, zwar deutlich weniger, aber die Reihenfolge der drei stärksten Merkmale bleibt gleich. Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit den Noten „befriedigend“ und „ausreichend“ geben 65 Prozent an, dass sie die politischen Institutionen als Stärke sehen, und bei den Teilnehmern mit den Noten „mangelhaft“ und ungenügend“ sind es immerhin noch 44 Prozent.