Joachim Rauch, Vertriebsleiter von Maico, spricht mit der ElektroWirtschaft über Herausforderungen und große Chancen in der Krise sowie über aktuelle Trends im Wohnungsbau.
ElektroWirtschaft: Inwieweit hat die Corona-Krise Ihr Geschäft getroffen? Wie sind Sie durch die ersten Krisenmonate gekommen und was waren und sind die größten Herausforderungen?
Joachim Rauch: Die Corona-Krise hat uns, wie alle anderen, verhältnismäßig kalt erwischt. Was uns geholfen hat, war dass wir bereits vorher weitgehend auf die Arbeit aus dem Homeoffi ce vorbereitet waren und notwendige Software bereits eingeführt hatten. In der Fertigung und in der Logistik wurden Maßnahmen ergriffen, um im Fall einer Corona-Infektion entsprechende Trennungen zu haben und so weiterhin liefer- und fertigungsfähig zu sein. Für die Zukunft haben wir daraus denke ich – viel gelernt: Auch, dass wir in Zukunft wahrscheinlich mehr aus dem Homeoffice arbeiten werden, weil es gut funktioniert.
ElektroWirtschaft: Wie hat sich der Markt in diesem Jahr entwickelt? Bemerken Sie einen Nachfrageanstieg Ihrer Produkte durch zugenommene Modernisierungsvorhaben während der Pandemie?
Joachim Rauch: Wir produzieren ja Ventilatoren für den Einsatz in Wohnungen und in größeren Mehrfamilienhäusern, aber auch Ventilatoren für den Einsatz im Industrie-, Gewerbe- und im explosionsgeschützten Bereich. Insbesondere in den Wohnungsbauten – also bei Ventilatoren, die in Toiletten, Bädern und dergleichen eingesetzt werden – haben wir einen Anstieg der Nachfrage festgestellt. Auf der Industrie-Seite verläuft das Geschäft etwas verhalten, wie man das ja auch in der Tagespresse lesen kann. Aber ich bin sehr froh, dass wir ein breit aufgestelltes Programm haben, mit dem wir auch solche Situationen in der ein oder anderen Produktlinie ausgleichen können.
ElektroWirtschaft: 2020 ist auch ein Jahr, in dem Veranstaltungen und Messen fast gänzlich ausgefallen sind. Wie schwierig ist es, in diesen Zeiten als Hersteller positiv im Gespräch zu bleiben? Welche alternativen Wege der Präsentation haben Sie gefunden?
Joachim Rauch: Zum einen haben wir natürlich sehr gute Kontakte zu der Fachpresse – wie zum Beispiel zur ElektroWirtschaft –, die ihre Leser mit allen wichtigen Informationen versorgt. Auf der anderen Seite sind Digitalmessen schon fast Routine. Der Zuspruch vonseiten der Teilnehmer war wirklich positiv – es ist eine gute Möglichkeit, über neue Produkte zu informieren. Ansonsten bieten wir immer noch die bewährten Informationskanäle an, wie Newsletter, Filme und Broschüren auf unserer Website. Natürlich machen wir auch den ein oder anderen Besuch bei der Kundschaft, aber dann eher auf Zuruf – Routine ist momentan einfach nicht möglich. Das nächste Jahr sehe ich mit einem großen Fragezeichen, mehr kann ich im Moment gar nicht sagen. Wir tragen uns durchaus mit dem Gedanken an Messen teilzunehmen, aber das hängt natürlich von den entsprechenden Konzepten ab, die vorgesehen sind. Außerdem müssen wir beobachten, wie unsere Kunden die Situation einschätzen und ob tatsächlich Besucher zu erwarten sind, damit wir die Möglichkeit haben, unsere Produkte überhaupt vorzustellen.
ElektroWirtschaft: Welche Neuheiten stehen in diesem Jahr im besonderen Fokus?
Joachim Rauch: Wir hätten gerne auf der Light + Building, Regionalmessen oder auf anderen Veranstaltungen bei unseren Großhandelskunden das „WS 75“ als Lüftungsgerät für kleinere Wohneinheiten, Appartements, Studentenwohnungen oder für Micro-Appartments vorgestellt. Das Gerät kann Appartements bis circa 50 – 60 Quadratmeter be- und entlüften. Man kann Abluft- und Zulufträume anschließen. Es gibt eine Unterputz-, eine Aufputz- und eine versteckbare Variante – hinter Gipskartonplatten zum Beispiel. Das Gerät ist WLAN-fähig, in KNX einzubinden und über eine Zusatzplatine auch in EnOcean einzubinden. Dazu empfehle ich die Filme, die wir auf unserer Website eingestellt haben. Wir sind zuversichtlich, dass es auch wieder einen Tag geben wird, an dem wir das Gerät dem Elektrogroßhandel physisch auf Messen vorstellen können. Ansonsten ist die AKE – die automatische Kellerentlüftung – immer noch ein ganz aktuelles Thema. Dieses Rundum-sorglos-Paket für gute Luft im Keller erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit und wird auch noch weiterentwickelt werden.
ElektroWirtschaft: Das Thema Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung wurde in die wibutler-Plattform integriert. Welche Bedeutung hat für Sie die Kooperation mit der wibutler alliance?
Joachim Rauch: Also ich muss sagen: Die Kooperation, die übrigens schon vor einigen Jahren auf der elektrotechnik in Dortmund begründet wurde, hat sich sehr positiv entwickelt. Für mich war der Schritt in Richtung Wohnungslüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung sehr wichtig. Nur die Abluftventilatoren alleine sind zwar eine interessante Ergänzung für die wibutler-Ansteuerung, aber erst mit den Wärmerückgewinnungsgeräten kann eine komplette Lüftung mit Wärmerückgewinnung in einer Wohnung installiert und in Betrieb genommen werden. Ganz aktuell habe ich mir bei der Jahreshauptversammlung von wibutler ein Bild davon gemacht in welche Richtung sich das Unternehmen weiterentwickeln möchte. Da sind sehr spannende Themen dabei, die weit über die reine Smart Home-Ansteuerung hinausgehen. Gedacht wird in größeren Dimensionen für Mehrfamilienhäuser, von der Garagentor Öffnung bis zur Nachttischlampe. Es soll Schnittstellen geben, die sich mit den entsprechenden Steuerungssystemen der bekannten großen Anbieter aus den USA verstehen. Auch die Einbindung in andere Systeme, die zum Beispiel in großen Gebäuden vorhanden sind, soll möglich sein. Die Zukunft von wibutler ist mit Blick auf die Funktion innerhalb komplexer Gebäudesysteme sehr interessant. Also bin ich guter Dinge, dass es viele neue Dinge und Ideen gibt, die auch wir mit Wibutler regeln können.
ElektroWirtschaft: In Krisenzeiten rückt man bekanntlich enger zusammen. Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit im dreistufigen Vertriebsweg? Geht der Elektrogroßhandel gestärkt aus der Krise hervor?
Joachim Rauch: Also zunächst mal möchte ich einen großen Dank an unsere Großhändler aussprechen, mit denen wir zusammenarbeiten. Das hat schon in der langjährigen Geschichte von Maico und dem Elektrogroßhandel immer gut funktioniert. Und grade in solchen Krisen bewährt sich natürlich eine gute Zusammenarbeit: die eingespielten Prozesse, die elektronische Übertragung und die Warenbevorratung bei unseren Großhändlern. Ich bin mir sehr sicher, dass auch die starke Position des Großhandels, der wiederum die Installateure in vorbildlicher Art und Weise unterstützt hat, Nachwirkungen von Corona haben wird, weil man sich hoffentlich an diese gute Zusammenarbeit in herausfordernden Zeiten erinnert.