Erste Reaktionen zum Abschluss der Koalitionsverhandlungen

Gut sechs Wochen nach der Wahl haben sich Union und SPD im Rahmen ihres Koalitionsvertrags auf eine Vielzahl von Maßnahmen für die nächsten vier Jahre geeinigt. Nun gibt es erste Reaktionen aus der Branche.

Der Branchenverband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sieht gute Ansätze im verkehrspolitischen Teil. Allerdings komme es jetzt es auf eine schnelle Umsetzung an. Eine erste Reaktion des VDV-Präsidenten Ingo Wortmann:

„Unsere Forderung an eine neue Bundesregierung war es, der Mobilität in Deutschland endlich wieder eine klare Richtung zu geben. Dafür haben wir konkrete Vorschläge unterbreitet. Der nun vorliegende Koalitionsvertrag von Union und SPD zeigt viele richtige und notwendige Ansätze: mehr Investitionen in die Verkehrsinfrastrukturen inklusive der Modernisierung im ÖPNV und bei der Eisenbahn; eine Reform der wettbewerbsschädlichen Trassenpreise; Erhöhung der Regionalisierungsmittel; Wiederaufnahme der Förderung für klimafreundliche Elektrobusse; stärkerer Fokus auf das autonome Fahren und natürlich die Finanzierungszusage für den Fortbestand des Deutschland-Tickets mindestens bis 2029. Diese Punkte zeigen, dass die kommende Bundesregierung den Bedarf und die Notwendigkeiten unserer Branche erkannt hat und angehen will. Wir stehen dafür bereit. Nun gilt es, diese Vereinbarungen mit den nötigen finanziellen Mittel aus dem Bundeshaushalt zu hinterlegen und so schnell wie möglich mit der Umsetzung zu beginnen Am Ende werden wir alle – Politik und Branche – am Erfolg gemessen und nicht an guten Absichten. Vor allem eine verlässliche, dauerhafte Finanzierung ist dafür dringend geboten.“

Prof. Dr. Thomas Siefer, Vorsitzender Wissenschaftlicher Beirat des VDV zeigt sich entschlossen und fordert von der neuen Koalition, einen bundesweit einheitlichen Mobilitäts-Grundstandard für alle zu definieren:

„Wissenschaftliche Erkenntnisse sind die Basis für jede verantwortungsvolle politische Entscheidung, gerade im Bereich Mobilität. Die Verkehrsentwicklung wurde zuletzt vom Bund einfach fortgeschrieben ohne Berücksichtigung der eigenen Klimaschutzziele. Die neue Koalition ist gefordert, den sachgerechten Weg einzuschlagen. Nun kommt Klimaneutralität sogar ins Grundgesetz – damit wird klar: Deutschland braucht nach Jahren des Lebens von der Substanz eine entschlossene, schnelle Modernisierung und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Doch Infrastruktur allein reicht nicht – es muss auch etwas verlässlich, regelmäßig und für alle nutzbar darauf fahren. In der aktuellen Debatte wird der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs mit verbindlichen Mindest-Bedienstandards in den Städten und Dörfern vernachlässigt. Dabei ist ein bundesweit einheitlicher Mobilitäts-Grundstandard für alle Regionen essenziell für Klimaschutz und soziale Teilhabe. Ein stärkeres Angebot ist unerlässlich für eine Mobilität für alle, die auch Kinder, Mobilitäts-Eingeschränkte sowie Seniorinnen und Senioren einbezieht. Bund, Länder und Kommunen müssen hier gemeinsam deutlich mehr Verantwortung übernehmen – nicht nur finanziell, sondern auch durch klare Anforderungen an Standardisierung von Prozessen, Fahrzeugen und Angebotsqualität. Der ÖPNV ist kein Randthema, sondern die tragende Säule eines modernen, inklusiven und klimaneutralen Verkehrssystems als Ausdruck eines funktionierenden Staates. Die Wohlfahrtseffekte erstrecken sich zudem auf den Wirtschaftsstandort Deutschland bis hin zur Festigung unserer Demokratie.“

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zieht ein verheerendes Fazit zum Ergebnis der Koalitionsverhandlungen: Obwohl Klima- und Biodiversitätskrise massiv voranschreiten, planen Union und SPD einen klimapolitischen Rückfall noch hinter den Stand der Merkel-Ära. DUH kritisiert dies scharf und kündigt an, notwendige Klimaschutzmaßnahmen insbesondere in den Bereichen Gebäude und Verkehr notfalls gerichtlich durchzusetzen. Barbara Metz, die Bundesgeschäftsführerin der DUH erklärt:

„In Sachen Wärmewende ist der Worst Case eingetreten: Das Heizungsgesetz soll abgeschafft werden. Das ist fatal für den Klimaschutz und bezahlbares Heizen. Ohne einen klaren Fokus auf Energieeffizienz und Einsparung fährt die neue Koalition Klimaschutz im Gebäudesektor weiter an die Wand. Die CDU hat unter Altmaier das Ende der EH55-Neubauförderung 2021 selbst eingeleitet, nur um sie nun zurückzubringen. Damit werden klimaschädliche Neubauten gefördert, ohne sicherzustellen, dass daraus bezahlbarer Wohnraum entsteht. Die Koalition bekennt sich offen dazu, die EU-Gebäuderichtlinie so unambitioniert wie möglich umzusetzen. Deutschland wird immer mehr zum europäischen Schlusslicht, was den Klimaschutz im Gebäudesektor anbetrifft. Immerhin scheinen Union und SPD erkannt zu haben, dass der Schlüssel für eine gelungene Energiewende in der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern liegt, etwa durch Energy Sharing und Mieterstrom. Wir werden genau hinsehen und Druck machen, damit den Worten diesbezüglich im Koalitionsvertrag auch konkrete Taten folgen!“

Laut dem Vorsitzenden der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Martin Burkert setzt der gestern veröffentlichte Entwurf des Koalitionsvertrags richtige Schwerpunkte. Die Notwendigkeit von weiteren massiven Investitionen in die Bahn bleibe jedoch bestehen. Weiter heißt es in seinem Statement:

Die Weichen sind gestellt. Mit der überjährigen Finanzierung von Investitionen in die Schiene, dem Fokus auf die Modernisierung von Stellwerken, dem Ausbau des grenzüberschreitenden Schienenverkehrs, der Reform des Trassenpreissystems und der Fortführung des Deutschlandtickets setzen die angehenden Koalitionäre richtige Schwerpunkte. Wir begrüßen, dass der konzernweite Arbeitsmarkt bei der DB erhalten bleibt. Klar ist aber auch: Aus der angekündigten Reform der Deutschen Bahn darf keine Zerschlagung light werden. Änderungen im Gesellschaftsrecht lassen keinen Zug pünktlicher fahren. Die Probleme der Bahn werden mit massiven Investitionen gelöst und nicht mit lähmenden Strukturdiskussionen. Die neue Person an der Spitze des Verkehrsministeriums wird in vier Jahren daran gemessen werden, ob Personal und Fahrgäste wieder stolz auf ihre Bahn sein können. Wir sind bereit, dabei zu helfen und konstruktiv an der Zukunft der Bahn mitzuarbeiten.“

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