Im Herbst hat das grün geführte Wirtschaftsministerium einen Entwurf der 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vorgelegt. Experten rechnen damit, dass es bald beschlossen wird. Der Großhandel ist deswegen in Alarmbereitschaft.
Der Grund: Nach dem neuen Entwurf bekommt das Bundeskartellamt weiter reichende Kompetenzen und kann künftig auch gegen Unternehmen tätig werden, die keinen Rechtsverstoß begangen haben. Zwölf Wirtschaftsverbände haben am Dienstag eine Stellungnahme zur geplanten 11. GWB-Novelle an die Bundesregierung übergeben.
Maßnahmen bis hin zur Entflechtung von Unternehmen
„Es geht deutlich zu weit“, sagt Dr. Dirk Jandura vom Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), „wenn das Bundeskartellamt unabhängig von Kartellrechtsverstößen die Befugnis erhalten soll, Maßnahmen bis hin zur Entflechtung von Unternehmen vorzunehmen. Das Bundeskartellamt ist eine Exekutivbehörde. Es darf nicht ermächtigt werden, auf diese Weise regulierend in die Märkte einzugreifen. Allein durch wirtschaftlichen Erfolg könnten sich deutsche Unternehmen, die rechtskonform handeln, künftig massiven Eingriffen gegenübersehen. Dies schafft eine massive Unsicherheit und benachteiligt deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich.“
Wie läuft der Eingriff ab?
Schon jetzt hat das Kartellamt die Möglichkeit, eine Sektorenunternsuchung durchzuführen. Eine solche Marktuntersuchung kann unabhängig davon durchgeführt werden, ob ein Wettbewerbsverstoß vermutet wird. Nach dem novellierten Entwurf werden die Hürden für diese Untersuchungen noch niedriger. Die Untersuchung darf dann aber nur noch 18 Monate dauern.
Stellt das Kartellamt dann eine erhebliche, andauernde und wiederholte Störung des Wettbewerbs fest, kann es Maßnahmen einleiten. Auch dann, wenn kein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vorliegt. Das stößt auch dem Industrieverband BDI sauer auf. Er sieht einen „erheblichen Eingriff in unternehmerische Rechtspositionen“, der dem Wirtschaftsstandort Deutschland schade.
GWB-Novelle: Droht eine Zerschlagungswelle?
„In der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Phase schafft das Bundeswirtschaftsministerium mit dem Entwurf zur 11. GWB-Novelle das völlig falsche Signal, so Jandura weiter.“ Mögliche Eingriffe der Kartellwächter wären etwa Vorgaben zur Vertragsgestaltung oder zu Lieferbeziehungen bis hin zu einem Zwangsverkauf einzelner Unternehmensteile.
Dass das Kartellamt nun übers Land zieht und reihenweise Unternehmen zwingt, sich von Betriebseinheiten zu trennen oder gar Firmengruppen zerschlagen werden, die gegen kein Kartellrecht verstoßen, gilt aber als unwahrscheinlich. Die Entflechtung der Firma gilt weiterhin als ultima ratio.