Die aktuelle COVID-19-Pandemie trifft Unternehmen in Deutschland über alle Branchen hinweg auf vielfältige Weise. Als Reaktion auf die Auswirkungen dieser Pandemie wird häufig das Stichwort „Digitalisierung“ diskutiert. Es ist aber unklar, auf welche Art und Weise die Pandemie die Digitalisierungsprogramme von Unternehmen beeinflusst. Häufig wird COVID-19 als Beschleuniger für die Digitalisierung in verschiedenen Bereichen gesehen, da Mitarbeiter vermehrt im Homeoffice arbeiten müssen oder manche Produkte und Dienstleistungen nicht mehr in physischer Form erbracht werden können,was beides eine Digitalisierung von Geschäftsprozessen erfordert. Allerdings kann sich die Pandemie auch stark negativ auf die finanziellen Handlungsspielräume von Unternehmen auswirken. Dies könnte auch zu Einsparungen im Bereich der Digitalisierungsprogramme führen und somit zu einer Reduktion der Digitalisierungsaktivitäten. Das geht aus einer Publikation der Ludwig-Maximilians-Universität München hervor. Darin wird untersucht, wie sich COVID-19 auf Digitalisierungsprogramme auswirkt. Dazu wurde eine Online-Befragung von Unternehmen in Deutschland durchgeführt. Die Antworten der 122 Umfrageteilnehmer zeigen, dass COVID-19 der Digitalisierung in manchen Unternehmen zwar einen Dämpfer verpasst hat, doch der Trend zu mehr Digitalisierung weiter ungebrochen ist.
Folgende Thesen fassen die Ergebnisse zusammen:
1.COVID-19 hat der Digitalisierung in manchen Unternehmen einen Dämpfer verpasst, doch der Trend zu mehr Digitalisierung ist ungebrochen. In einigen Unternehmen hat die aktuelle Situation den Digitalisierungsaktivitäten eher Anschub gegeben.
2. Der Fokus verlagert sich vom Schaffen von Voraussetzungen auf die Transformation der Wertschöpfung. Auch wenn unterstützende Digitalisierungsaktivitäten weiterhin einen hohen Stellenwert haben werden, investieren Unternehmen nun auch verstärkt in wertschöpfungsnahe Projekte. Dies kann zum einen daran liegen, dass viele Unternehmen in den letzten Jahren die Voraussetzung für die digitale Transformation (mühsam) geschaffen haben und nun davon profitieren wollen und können. Zum anderen kann es sein, dass Unternehmen in der aktuell angespannten wirtschaftlichen Situation verstärkt in Projekte investieren, die zeitnah einen direkten und greifbaren Nutzen bringen.
3. Wer optimistischerin die Zukunft blickt, investiert auch mehr in die Digitalisierung der Wertschöpfung. Ob Unternehmen sich zu Einsparungen im Bereich ihrer Digitalisierungsprogramme gezwungen sehen, hängt offenbar vor allem davon ab, wie die längerfristigen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beurteilt werden. Nehmen Unternehmen die aktuelle Situation eher als kurzfristiges Problem wahr, veranlasst sie das nicht zu einer Reduktion ihrer Digitalisierungsprogramme. Antizipieren sie jedoch eine längerfristige Krise, nehmen sie auch eher Einschnitte bei der Digitalisierung der Wertschöpfung vor.
4.Große Unternehmensehen sich durch COVID-19 eher gezwungen die Digitalisierung ihrer Produkte und Prozesse zurückzustellen als KMUs. Eventuell lässt sich diese überraschende Beobachtungdadurch erklären, dass KMUs bisher zwar negativer von den Folgen der Pandemie betroffen sind, jedoch trotzdem optimistischer in die Zukunft sehen. Die langfristigen Folgen der COVID-19-Pandemie auf die Digitalisierungsprogramme deutscher Unternehmen werden sich wohl erst in den nächsten Monaten oder Jahren genauer bestimmen lassen. Nichtsdestotrotz bietet unsere Studie erste empirisch fundierte Anhaltspunkte über mögliche Auswirkungen und die Bedeutung verschiedener Kontextfaktoren.