Bereits zwei Drittel der deutschen Handwerksbetriebe nutzen digitale Technologien. Das ist wichtig, da auch die Kunden immer anspruchsvoller werden. Doch auf welche Herausforderungen stößt das Handwerk? Das haben Bitkom und ZDH in einer repräsentativen Befragung zusammengefasst.
83 Prozent der deutschen Handwerksbetriebe stehen der Digitalisierung aufgeschlossen gegenüber. 77 Prozent sehen in ihr sogar eine konkrete Chance für den eigenen Betrieb. Dass die Digitalisierung keinen Einfluss auf ihren Betrieb hat, glauben indes nur noch 14 Prozent der Handwerksbetriebe. Und lediglich acht Prozent sehen in der Digitalisierung aktuell noch ein Risiko. Das ergab eine repräsentative Befragung des Digitalverbandes Bitkom und des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) unter 503 deutschen Handwerksbetrieben.
Digitalisierung wird zunehmend positiv gesehen
Die Umfrage zeigt auch: In den vergangenen zwei Jahren hat sich, nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie, viel getan. Nutzten 2020 erst 53 Prozent der handwerklichen Betriebe hierzulande digitale Technologien und Anwendungen, so sind es aktuell bereits 68 Prozent. 55 Prozent der Handwerkerinnen und Handwerker gehen mittlerweile sogar so weit, zu sagen, dass die Digitalisierung die Existenz ihres Betriebes absichert.
Cloud Computing gern genutzt
Genutzt werden von den Handwerksbetrieben Cloud Computing (45 Prozent), Trackingsysteme für Maschinen und Betriebsmittel (15 Prozent), smarte Software, die zum Beispiel Arbeitszeiten automatisch nach Projektstatus einteilt (elf Prozent), 3D-Technologien (zehn Prozent) oder auch Drohnen (acht Prozent). Auf eine vorrausschauende Wartung (Predictive Maintenance), die insbesondere in den E-Handwerken an Bedeutung gewinnt, setzen bereits 14 Prozent der befragten Betriebe. Immer öfter werden auch Geräte oder Anlagen über das Internet der Dinge (Internet of Things/IoT) vernetzt (sieben Prozent) – so zum Beispiel im Bereich „Smart Home“. Noch kaum eine Rolle spielt hingegen der Einsatz von Virtual oder Augmented Reality und Künstlicher Intelligenz (KI).
Nach den Vorteilen digitaler Technologien und Anwendungen gefragt, gaben 83 Prozent der befragten Handwerksbetriebe Zeitersparnis an, 78 Prozent eine optimierte Lagerung und Logistik und 73 Prozent eine flexiblere Arbeitsorganisation. Eine Rolle spielt aber auch die höhere Sichtbarkeit bei den Kunden (71 Prozent).
Hoch im Kurs: digitale Plattformen
Ein starker Schub war im Handwerk insbesondere bei der Nutzung digitaler Plattformen zu verzeichnen. Fast alle Handwerkerinnen und Handwerker (97 Prozent) verfügen über eine eigene Website. Vier von zehn Betrieben machen zudem in sozialen Medien auf sich aufmerksam. Dabei zeigt sich allerdings: Kleinere Betriebe (< fünf Mitarbeitende) haben für Facebook, Instagram, LinkedIn und Co. deutlich geringere Ressourcen als größere (> fünf Mitarbeitende). Mehr als ein Viertel der Betriebe (27 Prozent) hat einen Eintrag auf einer Bewertungsplattform; 22 Prozent nutzen Online-Plattformen wie MyHammer für Aufträge und Termine.
Hoch im Kurs stehen auch digitale Tools und Lösungen für die Kommunikation mit Kundinnen und Kunden, Mitarbeitenden und Geschäftspartnern. Besonders gern genutzt werden Zoom, Skype oder GoToMeeting für Videokonferenzen sowie Kollaborationstools wie MS Teams oder Slack, aber auch Messenger-Dienste wie WhatsApp, Signal oder Telegram.
Kunden werden anspruchsvoller
Mit der Digitalisierung geht ein verändertes Kundenverhalten einher. So gaben 97 Prozent der Handwerkerinnen und Handwerker an, Kundinnen und Kunden erwarteten durch die Digitalisierung eine schnelle Rückmeldung sowie eine ständige Erreichbarkeit auf allen Kanälen (75 Prozent). Auf die veränderten Kundenbedürfnisse zu reagieren, stellt Handwerksbetriebe jedoch vor ganz neue Herausforderungen. So wundert es wenig, dass fast zwei Drittel der befragten Betriebe (64 Prozent) in der Digitalisierung eine Herausforderung für ihren Betrieb sehen. Nichtsdestotrotz stellen die hohen Energiepreise (68 Prozent), die Suche nach qualifizierten Fachkräften (77 Prozent) oder gestörte Lieferketten (77 Prozent) für das Gros der Umfrage-Teilnehmer eine noch größere Herausforderung dar.
Hohe Investitionskosten als Herausforderung
Die größten Hürden beim Einsatz neuer Technologien sehen die befragten Betriebe in den hohen Investitionskosten (71 Prozent) sowie in der Gewährleistung der IT-Sicherheit (65 Prozent), aber auch in den hohen Anforderungen an den Datenschutz (62 Prozent). Lediglich 15 Prozent sorgen sich vor Hackerangriffen. Hier, so ein eindringlicher Rat des Digitalverbandes Bitkom, sei, gerade vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, eine deutlich höhere Sensibilisierung für die Risiken von Cyberkriminalität wünschenswert.
Förderprogramme wenig genutzt
Konkrete Probleme in der Bewältigung der Digitalisierung sehen die Handwerksbetriebe vor allem dadurch, dass viele, am Markt befindliche digitale Anwendungen für den eigenen Betrieb überdimensioniert (81 Prozent) oder zu teuer (54 Prozent) sind. Die Förderprogramme von Bund und Ländern werden diesbezüglich als nicht besonders hilfreich empfunden: So halten 97 Prozent der befragten Betriebe den bürokratischen Aufwand bei der Beantragung von Fördergeldern für Digitalisierungsmaßnahmen für zu hoch. 88 Prozent meinen, die aufgelegten Förderprogramme gingen am Bedarf der Betriebe vorbei. Lediglich 26 Prozent greifen bei der Digitalisierung des eigenen Betriebs auf staatliche Hilfen zurück.