Anfang März 2022 wurde an der Börse der höchste Ölpreis seit 2008 aufgerufen. Nicht zuletzt aufgrund der Diskussion um ein Importembargo russischen Öls als Folge des Angriffs auf die Ukraine. Damit einher ging die durch die „Ölpreiskopplung“ getriebene Steigerung des Gaspreises. Auch die dritte große Energiequelle wurde dadurch teurer: der Strom. Dessen Preis orientiert sich aufgrund der Zusammensetzung aus verschiedenen Quellen am teuersten Bestandteil, dies ist regelmäßig Gas (sog. Merit-order-Effekt).
Damit ist der Peak einer Aufwärtsentwicklung erreicht, die bereits seit mehreren Monaten anhält. Kleinere Preissprünge entstanden durch steigende Preise für den EU ETS und die nationale CO2-Bepreisung. In dieser angespannten Situation führte die kriegerische Invasion in die Ukraine zu einer weiteren Nervosität der Märkte. Zwar wurde das rasante Ansteigen gebremst, doch die Preise pendelten sich am oberen Rand ein. Die Auswirkungen spüren nicht nur Privathaushalte, die in der politischen Debatte um erhöhtes Wohngeld oder Tankrabatte zuerst genannt werden, sondern die gesamte Wirtschaft und damit auch der Groß- und Außenhandel. Hier wird gelagert, gekühlt und vor allem über weite Strecken transportiert.
Je länger der Krieg anhält, desto mehr stellt sich die Frage, wie auf die Nervosität der Märkte reagiert werden kann und ob es kartellrechtlich relevante Vorgänge gegeben hat, die gerade beim Benzinpreis die große Lücke zwischen dem tatsächlichen und dem eigentlich erwartbaren Preis erklären.
Die große Energieabhängigkeit von Russland ist dabei für Deutschland nicht marginal. Rund 25% des deutschen Primärenergiebedarfs wird durch Erdgas gedeckt, davon kommt die Hälfte aus Russland. Quantitativ nimmt Deutschland rund ein Viertel der russischen Gasexporte ab, ist aber auch ein Verteilungshub für weitere europäische Länder. Hinzu kommt Öl. Um eine Zahl zu nennen: Deutschland importierte 2021 Erdöl und Erdgas im Wert von 19,4 Milliarden Euro – das machte 59 % aller Einfuhren aus Russland aus. Auch wenn nun politische Maßnahmen ergriffen wurden (u.a. Steigerung der strategischen Ölreserve und nach langer Diskussion Schaffung einer nationalen Gasreserve) und die von der Koalition vorangetriebene Energiewende langfristig die Autarkie fördert, tragen die Maßnahmen bisher nicht dazu bei, konkrete Härten abzufedern.
Auswirkungen für die Logistikbranche
In der Logistikbranche machen sich die steigenden Energiepreise bereits konkret bemerkbar. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sind nicht mehr in der Lage, die steigenden Diesel- und Gaspreise zu stemmen. Ohne ein schnelles Eingreifen der Politik droht der Transportbranche eine längerfristige Insolvenzwelle, die auch die Versorgung der Bevölkerung in Gefahr bringt.
Preisanstiege konnten in der Vergangenheit mit dem sogenannten Dieselfloater, einem veränderten Kraftstoffzuschlag, der sich automatisch an die Entwicklung des Kraftstoffpreises anpasst, entgegengewirkt werden. Bei den aktuellen Preisanstiegen ist das Modell allerdings nicht mehr in der Lage die Schwankungen aufzufangen und wird dadurch zum reinen Draufzahlgeschäft für den Kunden.
Erster Schritt ist getan
Die Politik muss den Unternehmen sowohl kurz- als auch langfristige Lösungen aufzeigen. Die heute beschlossene Senkung der Mineralölsteuer auf den Mindestsatz ist ein erster richtiger Schritt, der zumindest kurzfristig eine Entlastung mit sich bringt. Eine Entlastung bei der Mineralölsteuer und damit günstigerem Gewerbediesel stellt eine sinnvolle und schnell umzusetzende Lösung dar, um die Unternehmen zu unterstützen und eine kommenden Insolvenzwelle in der Transportbranche abzuwenden. Diese ist durch den ohnehin schon vorhandenen LKW-Fahrermangel stark belastet.
Es ist gut, dass neben den Privathaushalten nun auch endlich die Wirtschaft in den Fokus gerät. Auch die Stromsteuer ist in Deutschland noch doppelt so hoch, wie von der EU gefordert. Zumindest verspricht die Abschaffung der EEG-Umlage eine spürbare Entlastung.