Im Interview mit der ElektroWirtschaft sprechen Thorsten Ludewig, 1. Vorsitzender ETIM Deutschland e.V., Klaus Jung, ZVEI-Geschäftsführer Fachverband Elektroinstallationssysteme, und Heiko Dehne, Geschäftsführer 4 media selling GmbH über den Entwicklungsstand beim Thema BIM, die Herausforderungen für die Branche und die BIM-Strategie von ETIM Deutschland auf dem Weg zur Schaffung eines einheitlichen Standards.
ElektroWirtschaft: Was macht für Sie die Bedeutung von BIM aus?
Klaus Jung: BIM bedeutet die Schaffung eines digitalen Abbilds des Gebäudes. Hierzu müssen die einzelnen Produkte und Prozessschritte datentechnisch erfasst werden. BIM geht also nur, wenn alle Bauprodukte einheitlich beschrieben sind, damit eine Planungssoftware Produkte eindeutig darstellen kann. ElektroWirtschaft: Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand? Klaus Jung: Durch den Marktdruck hin zur digitalen Planung kommt es heute bei Bauausschreibungen zu unspezifi schen BIMDaten- Anforderungen. Es etablieren sich gerade die proprietären Datenformate der Planungs-Softwareanbieter. Diese sind bereits in vielen Großbauprojekten im Einsatz. Aufgrund fehlender „BIM-Objekt“-Standards (Beschreibung eines Produkts) müssen Hersteller ihre Produktdaten heute für viele proprietäre Datenformate zur Verfügung stellen. Die Hoheit des BIM-Prozesses liegt demnach bei den Software-Dienstleistern und -Anbietern. Damit herrscht eine eingeschränkte Flexibilität bei der Übergabe von Informations- und Datenmodellen an externe Projektpartner und es bringt darüber hinaus eine erhebliche Prozesskostensteigerung mit sich, mit dem Risiko, auch noch die Datenhoheit für die eigenen Produktdaten abgeben zu müssen.
ElektroWirtschaft: Welche Hindernisse müssen noch aus dem Weg geräumt werden, bis Building Information Modeling eine Selbstverständlichkeit im Planer-Alltag wird?
Klaus Jung: Die zentrale Forderung aus Sicht des Herstellers und Händlers ist folglich ein einheitliches Datenformat, um nicht für jede Software einen eigenen Produktdatensatz anbieten zu müssen. Nur so werden die Effizienzvorteile der digitalen Planung nicht durch die proprietäre Datenbereitstellung wieder zunichte gemacht. Die BIM-Produktdaten-Entwicklung wird nicht durch eine bestimmende Instanz getrieben, sondern jede Branche hat die Chance, sein Fachmodell zu entwickeln und seine BIM-Objektdaten strukturiert zu beschreiben. Aufgrund des dreistufi gen Vertriebs haben wir Erfahrung mit dem strukturierten Stammdatenaustausch und durch das ETIM-Klassifizierungsmodell konnten wir ETIM MC (3D-Daten) entwickeln.
ElektroWirtschaft: Vor welche Herausforderung stellt BIM die Fachplaner?
Thorsten Ludewig: Die Fachplaner benötigen für die Planung klassische Artikelmerkmale, zum Teil 3D-BIM-Objekte und im späteren Verlauf der Planung auch noch kaufmännische Informationen zu den Produkten. In einigen Projekten sind herstellerneutrale BIMObjekte notwendig. Die aktuell noch realtiv wenigen Fachplaner, die nach BIM planen, stehen jetzt vor der Aufgabe sich diese Daten und Objekte zu beschaffen. Teile davon gibt es in einigen wenigen der genutzten Softwarelösungen. Neutrale BIM-Objekte werden in überschaubarer Menge von einigen wenigen Dienstleistern angeboten. Bei diesen neutralen Objekten ist es dann im weiteren Verlauf der Planung aufwendig, die Verbindung zu den Hersteller-Objekten, bzw. Artikeln herzustellen. Das ist dann wieder ein manueller Prozess, bei dem Fehler passieren können. Bei den echten Herstellerdaten gehen sie vereinzelt auf die Hersteller zu, dazu immer häufiger auf Dienstleistungsplattformen, die Daten von mehreren Herstellern vorhalten. Sie müssen aber immer noch beachten, ob das Format dabei ist, mit dem ihre Planungssoftware arbeiten kann. Ein sehr zeitaufwendiger und fehleranfälliger Prozess für den Planer.
ElektroWirtschaft: Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für Hersteller, Handel, Installateure und die Elektrobranche?
Thorsten Ludewig: Grundsätzlich sind die Anforderungen für alle Branchen recht ähnlich. Als Elektrobranche haben wir den Vorteil, dass wir mit ETIM einen Standard haben, mit welchem in 23 Ländern bereits von über 1.000 Unternehmen einheitliche Produktinformationen ausgetauscht werden. Diese Daten liegen in den Unternehmen also schon vor. Nach unserer Einschätzung haben wir damit bereits über 80 Prozent der Anforderungen von BIM erfüllt. Wir haben die folgenden Herausforderungen identifi ziert.
1. Die Anforderung nach herstellerneutralen BIM-Objekten (Der Planungsprozess gibt das von Gesetzeswegen in Deutschland so vor)
2. Die Vielzahl von Dateiformaten für die 3D-BIM-Objekte
3. Die Vielzahl von Datenplattformen zur Bereitstellung der BIM-Daten
4. Die aufwendige, fehleranfällige Kommunikation mit den Fachplanern
ElektroWirtschaft: Welche BIM-Strategie und Umsetzungsschritte hat ETIM daraus abgeleitet?
Heiko Dehne: Wir werden in den kommenden Wochen mit unserem ETIM-BIM-Portal online gehen. Dort können die Elektroplaner zukünftig die neutralen BIM-Objekte über Templates konfigurieren und in allen gängigen CAD-Exportformaten herunterladen. Wir haben bereits circa 30 Prozent der 3D-relevanten BIM-Objekt- Templates für den Bereich Elektro fertiggestellt. Die Erstellung der weiteren Templates hat bereits begonnen. Es ist auch noch wichtig zu verstehen, dass BIM nicht nur 3D bedeutet. Alle Produkte, die in einem Gebäude oder auf einem Grundstück verbaut werden, sind zwar BIM-relevant, für viele Produkte müssen jedoch einfach nur beschaffungsrelevante Daten übermittelt werden. Vorwiegend sind die sichtbaren Produkte Thorsten Ludewig 3D-relevant. Die Templates entwickeln wir auf Basis der ETIM-Klassifizierung und den noch recht neuen ETIM Modelling Classes (3D-BIM-Objekte). Über das ETIM-BIM-Portal wird dann eine Verbindung zu den Hosting Partnern der Hersteller erstellt. Der Planer holt sich für die Grundlagenplanung die neutralen BIMObjekte aus dem ETIM-Portal. Später kann das neutrale Produkt, auf Basis der hinterlegten Merkmale einfach gegen das Herstellerprodukt austauschen. Unser Ziel ist es, dem Planer an einer Stelle alles zur Verfügung zu stellen, was er für seine Planung benötigt. Die Nutzung des Portals wird für Planer kostenlos sein.
ElektroWirtschaft: Was bedeutet das für die Hersteller bzw. den Handel?
Heiko Dehne: Der Hersteller und der Handel haben nur eine Stelle und einen Standard, nach dem sie ihre Produkte beschreiben müssen, damit diese in den BIM-Planungsprozess übernommen werden. Auf Basis der ETIM-BIM-Objekte werden die Produkte identifiziert und erhalten den Einlass in das BIM-Projekt. Die Artikelnummer steht fest. Wenn der Hersteller seine Produktdaten mit…
Sie möchten weiterlesen? Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der Mai-Ausgabe der ElektroWirtschaft. Als Printabonnent haben Sie fünf Zugriffe auf die digitale Ausgabe inklusive. Stöbern Sie ansonsten in unserem Shop.