Am 28. April hat der ZVEH eine Pressemitteilung zum Thema Lieferfähigkeit und Preiserhöhung im Elektrohandwerk veröffentlicht. Darin wurden folgende Szenarien beschrieben: „Zunehmende Lieferengpässe in immer mehr Bereichen sowie deutliche Preissteigerungen, die von den Herstellern an die Elektrobetriebe weitergegeben werden, von diesen aber nicht an die Kunden durchgereicht werden können. Halten die Engpässe an, droht den elektrohandwerklichen Unternehmen unter Umständen Kurzarbeit.“ Dazu hat nun der VEG und der ZVEI Stellung genommen.
Holger Heckle, VEG-Vorstandsvorsitzender, erklärt:
“Viele Betriebe der E-Branche arbeiten seit März 2020 an der Belastungsgrenze – und darüber hinaus. Neue Erkenntnisse zu effizienterem Arbeits- und Gesundheitsschutz werden schnellstmöglich über geeignete Maßnahmen in den Unternehmen umgesetzt. Seit über 12 Monaten zeigen wir ein Höchstmaß an Flexibilität und Agilität bei Personal-, Raum- und Zeitplänen, in der Logistik, in der Einkaufs-, Vertriebs- und Preispolitik. Die Probleme, die diese Pandemie verursacht hat, sind vielfältig und betreffen nicht nur ein Land, nicht nur eine Branche und nicht nur eine Vertriebsstufe.
Direkt zu Beginn der Pandemie hat der Elektrogroßhandel vielerorts vorausschauend seine Lagerbestände drastisch erhöht, um weiterhin eine hohe Warenverfügbarkeit sicherzustellen. Dabei sind wir mit großen Investitionen das Risiko eingegangen, Produkte einzulagern, die durch die kurzen Innovationszyklen der E-Branche noch vor Abverkauf technisch überholt und damit schwer verkäuflich sind. Gleichzeitig haben wir so unseren Zulieferern ermöglicht, ihrerseits vorausschauend einzukaufen und ihre Läger mit neuen Produkten zu füllen. Durch diese Maßnahmen, eine umfangreiche Lagerhaltung, das breite Sortiment und die langjährigen vertrauensvollen Beziehungen zu unterschiedlichen Herstellern europa- und weltweit kann der Elektrogroßhandel die bestehenden Lieferengpässe zu großen Teilen ausgleichen. Unsere Vertriebsprofis kennen die Sortimente und beraten zu Alternativprodukten – immer auch mit Blick über den Tellerrand hinaus. Unsere ausgefeilte Logistik und die enge Zusammenarbeit innerhalb der Unternehmensgruppen und Marktgemeinschaften ermöglichen oft die Beschaffung bestimmter Produkte über größere Distanzen aus anderen Lagerorten.
Aber in immer mehr Produktbereichen stoßen wir an unsere Grenzen. Die Rohstoffpreise gehen durch die Decke. Allein der Kupferpreis droht seinen historischen Höchstpreis von 2011 in Kürze zu übertreffen. Die Wirtschaft in den USA und China hat sich deutlich schneller erholt als Europa, so dass die größten Nachfragemärkte derzeit die Preise treiben. Gleichzeitig leidet die weltweite Logistik noch immer unter den Folgen der Pandemie: Überseecontainer fehlen ganz oder befinden sich in anderen Häfen als ihre mögliche Fracht. Streiks in Südamerika und Naturkatastrophen tun ihr Übriges. Laut Ifo-Institut kämpfen derzeit in Deutschland fast die Hälfte aller Industrieunternehmen mit Lieferengpässen – nicht nur in der Elektrobranche, sondern auch und vor allem in der Pharmaindustrie, der Chemie und der Fahrzeugproduktion.
Wir stehen dieser Problematik also nicht alleine gegenüber. Der VEG-Elektrogroßhandel hat großes Verständnis dafür – auch aus der eigenen Erfahrung heraus –, dass diese Situation unbefriedigend und Preissteigerungen belastend sind. Um auch in Zukunft als Lösungsanbieter für Industrie und Handwerk agieren zu können, müssen wir Preissteigerungen, die sich aus der internationalen Wirtschaftslage ergeben, auch entlang der Lieferkette weitergeben. Denn wir haben eine gemeinsame Verantwortung für Mitarbeitenden, Auszubildenden und Partner auf beiden Seiten der Lieferkette.”
Daniel Hager, Vorsitzender des ZVEI-Fachverbands Elektroinstallationssysteme erklärt:
“Die Corona-Pandemie hat die Entwicklung im deutschen Gebäudemarkt bisher nicht negativ beeinflusst hat. Dadurch konnten internationale Markteinbrüche, insbesondere in Südeuropa, teilweise kompensiert werden. Dass dies gelungen ist, ist der guten Zusammenarbeit der Hersteller von Elektroinstallationsgeräten, der Großhändler sowie der Vielzahl von Elektro-Handwerksbetrieben zu verdanken. Gerade letztere waren und sind durch ihre Arbeit vor Ort beim Kunden durch die Pandemie besonders belastet. Sie leisten bis heute Außergewöhnliches.
Mit einer mangelnden Nachfrage auf Kundenseite wird auch in den nächsten Monaten nicht gerechnet. Was sich aber nun unwiderruflich abzeichnet ist, dass die Herstellerbetriebe diese anhaltend gute Nachfrage aufgrund von Rohstoffknappheit nicht immer zufriedenstellend bedienen können. Der Grund dafür liegt in den beeinträchtigten internationalen Logistikketten und den damit verbundenen globalen Lieferengpässen.
Im vergangenen Jahr haben viele internationale Zulieferer in Erwartung eines starken pandemiebedingten Abschwungs ihre Kapazitäten deutlich zurückgefahren. Zudem findet insbesondere durch den Aufschwung in China und den USA sowie in einigen wichtigen Industrien weltweit eine massive Verknappung wichtiger Rohstoffe statt. Dazu kommen einige außergewöhnliche Belastungen, wie z.B. die Blockade im Suezkanal, eine Häufung von Unfällen in wichtigen Chemiewerken oder auch die Kältewelle in Texas. Dies hat Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und Kosten von Rohstoffen.
Die Elektroindustrie kämpft seit Monaten im Beschaffungsmarkt, um die Auswirkungen für den Handel und das Elektrohandwerk so gering wie möglich zu halten. Einige Hersteller müssen aktuell die Produktion drosseln, weil beispielsweise die Rohstoffe Stahl, Kupfer, Kunststoffe oder Halbleiterprodukte nicht oder nur schwer zu beschaffen sind.
Die im ZVEI-Fachverband Elektroinstallationssysteme vertretenen Unternehmen tun alles, um die Lieferketten aufrechtzuerhalten. Eine pünktliche und vertragsgemäße Belieferung der Kunden behält weiterhin oberste Priorität. Die Hersteller haben volles Verständnis für die Herausforderungen auf Seiten des Elektrohandwerks in dieser außergewöhnlichen Situation und teilen deren Sorgen. Sie bemühen sich weiterhin nach Kräften, die negativen Auswirkungen für alle so gering wie möglich zu halten.”
Was sagen Sie zu dieser Situation? Schreiben Sie uns unter redaktion@elektrowirtschaft.de.