Quo vadis, Elektromobilität? Wohin geht es mit dieser Technologie und was haben wir schon erreicht? Darüber haben wir mit Ferdinand Schlutius, Leiter Commerce Inland bei ABL, im Interview gesprochen.
ElektroWirtschaft: Herr Schlutius, seit dem 1. Juni 2018 sind Sie für den Vertriebskanal Elektrogroßhandel zuständig. Wie lautet Ihr bisheriges Fazit?
Ferdinand Schlutius: Unterm Strich ziehe ich ein sehr positives Fazit. Mit dem Elektrogroßhandel hat ABL schon vor vielen Jahren genau den richtigen Vertriebsweg gewählt, um unsere Connectivity- und e-Mobility Produkte erfolgreich zu vertreiben, denn das Zusammenspiel von Großhandel und Handwerkern ist ideal für Produkte, die nicht immer selbsterklärend sind. Ein wichtiger Punkt an dieser Stelle ist auch der Hochlauf der Elektromobilität, den es zu meistern gilt. Das ist nur mit gebündelter Kraft möglich und mit dem Elektrogroßhandel haben wir hier die richtigen Partner an der Hand. Letzteres ist das entscheidende Stichwort für mich. Wir sprechen über Partnerschaften, die seit Jahrzehnten bestehen. Bereits mein Vater war für ABL im Großhandel unterwegs. Dadurch war für mich oft schon der Einstieg sehr persönlich und fast freundschaftlich. Dieser persönliche Kontakt ist in meinen Augen eine wichtige Komponente im Vertrieb.
ElektroWirtschaft: Die Zahlen im VEG-Elektrogroßhandel sind in den vergangenen Monaten in puncto Elektromobilität nahezu explodiert. Worauf führen Sie dieses Phänomen zurück? Welche Bedeutung hat der dreistufige Vertrieb?
Ferdinand Schlutius: Sicher hat die KfW-Förderung für private Ladestationen einen großen Beitrag dazu geleistet, dass die Elektromobilität endgültig in den Köpfen der Deutschen angekommen ist. Die stark steigenden Neuzulassungsquoten bei Plug-in Hybriden und Vollstromern spielen ebenfalls eine Rolle. Dieser Anstieg wiederum ist darauf zurückzuführen, dass die Automobil-Hersteller endlich Modelle auf den Markt bringen, die liefer- und bezahlbar sind. Es ist ein Zusammenspiel vieler Faktoren. Der deutsche Elektrogroßhandel hat einen sehr guten Zugang zum Elektrohandwerk, zur Industrie, zu Fachplanern und Architekten. All diese Partner sind für uns die großen Multiplikatoren in der Elektromobilität.
ElektroWirtschaft: Norwegen ist aktuell das Land mit der höchsten Dichte an Elektrofahrzeugen weltweit. Was machen wir in Deutschland „falsch“?
Ferdinand Schlutius: „Falsch“ ist an dieser Stelle zu hart ausgedrückt, denke ich. Die Deutschen waren vielleicht nicht die ersten bei der Elektromobilität, haben das Defizit aber erkannt und steuern dagegen. Der Druck ist weiterhin groß, gerade für Deutschland als Autonation. Wenn das Thema aber weiter so vorangetrieben wird wie aktuell, bin ich der Meinung, dass man das spätere Aufwachen kompensieren kann. Deutschland kann immer noch eine Vorreiterrolle einnehmen, beispielsweise in der Defi nition von Standards und Förderung von vernetzter Ladeinfrastruktur.
ElektroWirtschaft: Gerade wurden das GEIG und das Schnellladegesetz beschlossen. Sind wir auf dem richtigen Weg?
Ferdinand Schlutius: Es ist richtig und wichtig, dass die Bundesregierung einen attraktiven Regulierungsrahmen setzt, um den Hochlauf der Elektromobilität zu flankieren. Diese Maßnahmen gehen über die finanzielle Förderung hinaus. Viel wichtiger ist jedoch der Blick nach Europa, um für offene und grenzüberschreitende Märkte zu sorgen. Nationale Regelungen dürfen nicht zu einer Zersplitterung des europäischen Marktes führen.
ElektroWirtschaft: An welchen Parametern sollten wir schrauben, um das gesteckte Ziel der Bundesregierung (bis 2030 zehn Millionen zugelassene Fahrzeuge mit alternativen Antrieben) zu erreichen?
Ferdinand Schlutius: Ich bin kein Freund von Verboten, wie sie von vielen Stellen gefordert werden. Besser ist es doch, wenn wir den Leuten klar machen können, wie viele Vorteile die Elektromobilität im ersten Schritt für jeden einzelnen von uns, aber langfristig auch unserer Gesellschaft als Ganzes bietet. Ich denke da z.B. an Themen wie Smart Grid, Elektroautos als „fahrende Speicher“ oder die Anbindung von Ladestationen an die eigene PV-Anlage auf dem Dach. Elektromobilität heißt ja nicht nur, Wallbox und E-Auto, sondern bietet darüber hinaus viele weitere spannende Möglichkeiten. Insgesamt muss der Umstieg auf Elektromobilität noch attraktiver werden. Sei das durch Förderung von Ladeinfrastruktur und E-Fahrzeugen, möglichst große Nutzerfreundlichkeit bei allen Produkten und Lösungen rund um die Elektromobilität oder auch schlicht Aufklärungsarbeit dort, wo noch unbegründete Skepsis der E-Mobilität gegenüber vorherrscht. Und bei diesen Themen sind wir alle gefragt: die Politik, Automobilisten, das Elektrohandwerk, Hersteller von Ladeinfrastruktur und ihre Vertriebspartner.
ElektroWirtschaft: Mit welchen Aktivitäten geht ABL 2021 an den Start?
Ferdinand Schlutius: Zum 1. März sind wir zusammen mit unserem Partner reev bereits mit der neuen Software-Lizenz Compact für unsere sogenannten Bundle-Produkte an den Start gegangen. Damit unterstreichen wir das Thema vernetzte Ladeinfrastruktur, die in unseren Augen die Zukunft ist. Für unsere bestehenden Produkte wird in den nächsten Monaten einiges an Zubehör auf den Markt kommen und wir haben Verbesserungen hinsichtlich Hard- und Software vorgenommen. Vor allen Dingen bereiten wir uns aber auf 2022 vor. Dann werden wir sowohl in der Connectivity als auch in der Elektromobilität mit großen Neuheiten an den Start gehen.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der April-Ausgabe der ElektroWirtschaft. Als Printabonnent haben Sie fünf Zugriffe auf die digitale Ausgabe inklusive. Stöbern Sie ansonsten in unserem Shop.
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