Ledvance, früher die Allgemeinbeleuchtungssparte von Osram, ist heute ein Lösungsanbieter für LED-basierte Beleuchtungssysteme – von Standardleuchten bis hin zu kundenindividuellen Konfi gurationen. Über 2020, 2021 und längerfristige Perspektiven sprach die ElektroWirtschaft mit Dr. Oliver Vogler, der seit Anfang 2020 das Geschäft in Westeuropa leitet. Der ehemalige McKinsey- Berater mit fast 15-jähriger Erfahrung in der Lichtbranche war davor Leiter Strategie und Marketing sowie Corporate Development bei Ledvance.
ElektroWirtschaft: Wie stark war Ledvance 2020 von der Corona-Krise betroffen und welche Erwartungen haben Sie für 2021?
Oliver Vogler: Durch Schließungen im Einzelhandel waren wir im Endverbrauchergeschäft massiv betroffen. Deshalb sind wir 2020 in Summe unter unseren Planungen geblieben. Positiv war, dass wir in unserer Zentrale in Garching ohne Kurzarbeit durchgekommen sind und dass wir unsere Zukunftsinvestitionen in neue Produkte und Logistik alle weiterlaufen lassen konnten. Dadurch können wir unser Portfolio in 2021 weiter ausbauen – zum Beispiel in der Straßen- und Sportstättenbeleuchtung. Es hat sich in der Krise ausgezahlt, dass wir in eine hohe Lieferfähigkeit investiert haben und unser europäisches Zentrallager offenbleiben konnte. So waren wir operativ immer für unsere Kunden da. Ich denke, wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. 2021 sollte wieder ein gutes Jahr für uns werden!
ElektroWirtschaft: Sie haben Anfang des Jahres eine Agenda für die Lichtindustrie formuliert und Klimaschutz zuerst genannt. Wieviel Potential gibt es da noch?
Oliver Vogler: Wir sprechen seit rund 15 Jahren über CO2- Einsparungen durch energieeffi ziente Beleuchtung. Durch die LED-Transformation wurde schon viel erreicht, aber wir können als Industrie immer noch einen großen Beitrag leisten. Da sind wir noch lange nicht am Ende. Beleuchtung macht ca. 20 Prozent des gesamten Einsparpotentials in gewerblichen Gebäuden aus.
ElektroWirtschaft: Auf welche Produkte setzen Sie dafür und wie schnell werden sich solche Lösungen im Markt durchsetzen?
Oliver Vogler: In vernetzten Lichtmanagementsystemen, die auf meiner Agenda ganz weit oben stehen, sehen wir noch viel Potenzial. Damit sie sich stärker verbreiten, muss der Einsatz deutlich einfacher werden. Deshalb bringen wir im Sommer unser System Vivares auf den Markt. Es wird sehr nutzerfreundlich für den Elektriker sein. Er kann die QR-Codes der Leuchten einscannen und diese auf einer App in einen Raum ziehen und verlinken, Gruppen bilden und Szenen definieren. Vivares funktioniert für bis zu 200 Lichtpunkte. Das ist eine Größenordnung, die ein Elektriker selbst macht – beispielsweise bei Renovierungen oder wenn neue Mieter einziehen. Das geht drahtbasiert über DALI oder über Funk mit dem Zigbee-Standard. So lässt sich ein komplettes Büro ohne neue Verkabelung einfach vernetzen. Auch eine Integration in das Gebäudemanagement ist möglich oder eine Verbindung zu Cloud-Services, z.B. für Fernwartung durch das Facility Management. Neben dem Beitrag zum Klimaschutz rechnen sich intelligente Lösungen auch betriebswirtschaftlich durch die Stromkostenersparnis sowie die Möglichkeit verbesserter Flächennutzung und Arbeitsproduktivität.
ElektroWirtschaft: Sie plädieren für hohe Lichtqualität und den Einsatz von Human Centric Lighting – welche Produkte bietet Ledvance für HCL?
Oliver Vogler: Unsere Biolux-Leuchten und -Steuerungen bringen HCL bereits in professionelle Anwendungen im Büro und in Bildungseinrichtungen. Mit Biolux kann das ein Elektriker jetzt auch wirklich einfach selbst umsetzen. Außerdem haben wir ein tageslichtähnliches Licht auch in unsere Systeme für das Smart-Home integriert und weitere Produkte für die nächste Lichtsaison in der Pipeline. Ich bin davon überzeugt, dass hohe Lichtqualität mittel- und langfristig gute Marktchancen bietet – auch wenn sich die Innovationsschübe durch die Corona-Krise generell etwas verzögern.
ElektroWirtschaft: Wie wird sich Licht im Smart Home entwickeln?
Oliver Vogler: Licht ist eines der ersten Themen im Smart Home – für Einsteiger und Enthusiasten – weil man es sehr einfach vernetzten und steuern kann. Studien prognostizieren, dass es deutlich zunehmen wird. Statista hat in einer „Global Consumer Survey“ aus dem letzten Oktober prognostiziert, dass sich die Penetration für Licht im Smart Home von 15 Prozent in 2021 auf 35 Prozent in 2024 erhöhen wird. Auch in Zukunft wird Licht an der Spitze aller Gewerke im Smart Home liegen.
ElektroWirtschaft: Was verändert die Pandemie im Markt für Bürobeleuchtung?
Oliver Vogler: In diesem Marktsegment muss man jetzt in flexibleren Konzepten denken – zwischen klassischem Büro und Home Office. Wir werden in Kürze z.B. Stehleuchten für Büros vorstellen, die bei Lagerung und Transport den Vorteil haben, dass sie aus vier Teilen bestehen. Sie werden mit ein paar Clicks zusammengesteckt. Ein Sortiment für das Home Offi ce wird etwas kostengünstiger sein, aber trotzdem hinreichend für „normgerechtes“ Licht sorgen: für 500 Lux Beleuchtungsstärke auf dem Arbeitsplatz, gute Entblendung und ausreichend indirektes Licht. Wie düster es an vielen Home-Arbeitsplätzen gerade aussieht, kann man mit unserer neuen App, dem Ledvance Lux-O-Meter (für iOS und Android), feststellen. Die Messgenauigkeit der App ist erstaunlich gut geworden.
ElektroWirtschaft: UV-C-Licht kann eine Waffe im Kampf gegen das Corona-Virus sein. Welche Lösungen bietet Ledvance?
Oliver Vogler: Wir haben uns für mobile Geräte entschieden, die man sicher und einfach – ohne aufwendige Installation und spezielle Sicherheits-Prüfung – in einen Raum stellen kann. Zum Beispiel in einem typischen Klassenzimmer werden zwei bis drei unserer Geräte ausreichen, wenn alle 45 Minuten gelüftet wird. Die UV-C-Lampen kommen aus unserer eigenen Fertigung und das Lüftungsgerät haben wir zusammen mit Partnern entwickelt. Das klingt technisch nicht schwierig, aber der Teufel steckt im Detail: Zum Beispiel dürfen die Geräte nicht zu laut sein, müssen trotzdem aber hocheffi zient arbeiten. Wir werden sie im April auf den Markt bringen.
ElektroWirtschaft: Wie entwickelt sich das Geschäft mit Beleuchtung für Pflanzenwachstum?
Oliver Vogler: Dieser Trend wird sich fortsetzen – nicht nur für den Cannabis-Anbau in Gewächshäusern, der gerade weltweit boomt. Da sehe ich viele spannende Ideen im Zuge der Urbanisierung wie beispielsweise vertikale Gärten für Nutzpflanzen oder smarte Küchen, in denen man Kräuter und Gemüse selbst anbauen kann.
ElektroWirtschaft: Welche Bedeutung hat nach der Schließung bzw. dem Verkauf mehrerer früherer Osram-Werke noch die Fertigung in Deutschland?
Oliver Vogler: Lokale Wertschöpfung ist für uns weiter sehr wichtig – gerade im professionellen Leuchtengeschäft. Ledvance hat mit Standardleuchten für das „Over-the-Counter- Geschäft“ angefangen, aber schon auf der Light + Building 2018 haben wir auch höherwertige Lösungen vorgestellt. Diesen Weg gehen wir konsequent weiter und was wir 2020 nicht zeigen konnten, werden wir auf einer kleinen Präsenz-Hausmesse im Juni in München präsentieren. Wir sehen kundenindividuelle Auftragsbearbeitung als einen Erfolgsfaktor im dreistufi gen Vertriebsweg. Bei höherwertigen Produkten macht eine flexible Fertigung in Deutschland für uns weiter viel Sinn. Unser Lichtbandsystem Trusys und das kompakte Schienensystem Track Spot kann man zum Beispiel bald online konfi gurieren. Es wird bei unserer ehemaligen Tochter und heutigem Partner in Wipperfürth gefertigt. Auch mit den Ex-Kollegen in Eichstätt haben wir einen Mehrjahresvertrag für Halogen- und LED-Lampen „Made in Germany“.
ElektroWirtschaft: Wie ist Ihre Meinung zu Regionalmessen? Wird Ledvance dabei sein? Welche Erwartungen haben Sie an die Light + Building 2022? An das Format, in dem die Messe stattfi nden kann und die Präsenz von Ledvance?
Oliver Vogler: Aktuell ist das etwas ein Drahtseilakt. An Veranstaltungen mit über 100 bis 200 gleichzeitigen Teilnehmern wird sobald noch nicht zu denken sein. Allerdings können wir uns kleinere Gruppengrößen von 30 bis 50 Teilnehmern ab dem Sommer gut vorstellen. Ab Herbst wird hoffentlich Schritt für Schritt dann auch Messebetrieb wieder beginnen – denn die Hygienekonzepte sind ja mittlerweile sehr ausgereift, und gerade die Licht-Industrie kann mit ihren Photolyse-Techniken auch viel dazu beitragen, die Locations sicherer zu machen. Auf die Light + Building 2022 freuen wir uns schon sehr, auch wenn wir von einer reduzierteren Messe ausgehen. Im Gespräch ist ja auch eine Kürzung von sechs auf fünf oder nur vier Tage.
ElektroWirtschaft: Was können Sie uns abschließend zur Zusammenarbeit mit dem Elektrogroßhandel beim Projektgeschäft sagen?
Oliver Vogler: Wir gehen stärker in die Vorvermarktung für unsere Produkte. So schaffen wir Nachfrage. Wir investieren viel Geld in den weiteren Aufbau unserer Markenbekanntheit. Zuletzt mit Fernsehwerbung für Smart Home. Wir gehen zum Endanwender und zum Elektroinstallateur und die Abwicklung des Geschäfts läuft über den Elektrogroßhandel. Dafür haben wir mehr Lichtplanungs- und Applikationskompetenz aufgebaut. Auch im laufenden Jahr wollen wir uns im Vertrieb weiter verstärken: im Außendienst für die Fläche und im Innendienst mit Applikationsengineering.
Redaktion: Juliane Braun (freie Redakteurin)
Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der März-Ausgabe der ElektroWirtschaft. Als Printabonnent haben Sie fünf Zugriffe auf die digitale Ausgabe inklusive. Das Licht-Special ist digital kostenfrei: