In 2020 hat die Warengruppe Licht mit einem Minus von 3,1 Prozent laut VEG-Statistik offensichtlich weniger von der guten Baukonjunktur profi tieren können als andere Geschäftsfelder im Elektrogroßhandel. Was sind mögliche Gründe sowie Erfolgsfaktoren in der Corona-Krise und danach?
Abgesehen von der Corona-Pandemie zeigt die Entwicklung der Warengruppe Licht die Auswirkungen der tiefgreifenden LED-Transformation. Im Fünfjahresvergleich wird deutlich, dass von 2015 bis 2020 der Anteil des Lichtgeschäfts am Gesamtumsatz des Elektrogroßhandels von 18,2 Prozent auf 14,9 Prozent gesunken ist. Die Warengruppe Licht verzeichnet 2020 ein Minus von 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr – im Gegensatz zu anderen Geschäftsfeldern im Elektrogroßhandel, die dank der guten Baukonjunktur gewachsen sind. Wobei sich im vierten Quartal 2020 ein Aufwärtstrend abzeichnet.
„Das früher stabile und attraktive Ersatzlampengeschäft geht aufgrund der Langlebigkeit der halbleiterbasierten LED zurück. Eine gegenläufi ge positive Tendenz durch die Umstellung auf höherwertige LED-Retrofi ts schwächt sich jetzt ab“, erklärt Dr. Kurt Gerl, Senior Advisor beim Beratungshaus Aquin & Cie. Im Jahr 2015 hatten LED-Leuchtmittel in der VEG-Statistik noch ein Plus von über 50 Prozent erreicht. Heute ist der Austausch mit LED-Retrofi ts vielfach bereits vollzogen. So überrascht es nicht, dass 2020 der Umsatz mit langlebigen LED-Leuchtmitteln um fünf Prozent unter dem Vorjahr lag. Gerl schätzt, dass aktuell bei diesen Produkten der jährliche Preisverfall im Gesamtmarkt zwischen drei bis vier Prozent liegt. Dr. Jürgen Waldorf, Geschäftsführer des Fachverbands Licht beim ZVEI, sieht für LED-Retrofi ts immer noch Potential – beispielsweise in Industrie-Anwendungen. Aber sie seien technologisch die zweitbeste Lösung: Retrofi ts erreichen beispielsweise nicht die genau gleiche Lichtverteilung wie die bisherigen Leuchtstoff- oder Hochdruckentladungslampen. Deshalb kann sich für den Endanwender die Investition in neue LED-Leuchten lohnen. Laut Waldorf verbreitet sich diese Erkenntnis: „Wir haben im Markt schon vor der Corona-Krise eine Verschiebung hin zu Leuchten beziehungsweise Systemen gesehen.“ In der Innenbeleuchtung und auch bei öffentlichen Gebäuden sieht Waldorf noch hohen Renovierungsbedarf. EU Vorgaben – wie das Ausphasen der T8-Leuchtstoffl ampen bis zum September 2023 und möglicherweise auch eine Überarbeitung der ROHS-Richtlinie – werden weitere Wachstumsimpulse für LED-Beleuchtungslösungen bringen.
Ein gemischtes Bild
Gespräche mit Branchenexperten zeigen ein gemischtes Bild im Lichtgeschäft. In bestimmten Sektoren stehen die Kunden wegen der Corona-Pandemie auf der Bremse. Andererseits gilt: Wer sich über viele Jahre Know-how und ein Netzwerk aufgebaut hat, kann auch in der Krise seine Chancen nutzen: „2020 war unser bestes Jahr“, freut sich Siegfried Twers, dessen in Bad Vilbel ansässige Firma PLP auf die lichttechnische Projektierung kompletter Gebäude spezialisiert ist – bei Neubauten und Sanierungen. Sein Team berät, plant und liefert Lichtlösungen für die Innen- und Außenbeleuchtung in Verbindung mit Lüftungs- und Installationstechnik. Mit diesem gewerkeübergreifenden Ansatz sieht der Lichtexperte auch künftig gute Chancen für die Akquise spannender Projekte – von Luxushotels über Bürokomplexe und Seniorenwohnheime bis hin zu Industriehallen. „Trotz Pandemie wird weiter neu gebaut, saniert oder in die Umnutzung von Flächen investiert und da wollen wir dabei sein“, sagt Twers. Dafür sind – neben einem technisch, ästhetisch und finanziell attraktiven Angebot – persönliche Vertrauensverhältnisse und nachhaltige Partnerschaften essentiell. Twers bringt es auf den Punkt: „In Krisenzeiten ist ein gutes Netzwerk das A und O!“ Bei der Zusammenarbeit im dreistufigen Vertriebsweg schätzt er lichttechnisch kompetente Fachleute im Elektrogroßhandel, die gute Kontakte zur Industrie haben und die idealerweise auch Projekte vermitteln können. „Die Präsenz in der Fläche und das breite Portfolio sind Pfunde, mit denen der Elektrogroßhandel noch stärker wuchern kann“, glaubt Twers.
Der Elektrogroßhandel kann sich steigern
Das Anforderungsprofil an die Lichtexperten im Handel hat sich dramatisch verändert. Früher zählten vor allem Lieferservicegrad und Produktqualität. Jetzt gilt es zusätzlich, differenziert auf Kundenwünsche einzugehen und Mehrwert zu bieten, um dem Preisdruck zu entkommen. „Hier kann sich der Elektrogroßhandel immer noch steigern. Das machen Leuchtenhersteller zum Teil besser“, sagt Dr. Kurt Gerl, M&A-Experte für den Lichtmarkt. Die Unterstützung der Elektroinstallateure bei der Lichtplanung und Lichtgestaltung mit LED sei in der Regel noch ausbaufähig. Wobei sich dabei natürlich auch die Frage nach dem Trade-off stelle – nämlich wieviel Mehreinnahmen eine zusätzliche Leistung dem Handel bringen kann. „Wir hören bei unseren Gesprächen auch immer wieder, dass Leuchtenhersteller in zunehmendem Maße versuchen, Direktvertrieb bei Projekten zu machen“, ergänzt Gerl. Großhandelstreue Firmen wie diejenigen, die wir in diesem Lichtspecial vorstellen, beweisen, dass man auch gemeinsam stark sein und bleiben kann. Die erfolgreichen Mittelständler und größeren Lichtkonzerne zeigen auf den folgenden Seiten spannende Projekte und innovative Produkte. Drei führende Manager mit großer Branchenerfahrung sprachen mit uns über Trends, nachhaltige und hochwertige Lichtlösungen sowie die Notwendigkeit von Komplexitätsreduzierung.
Redaktion: Juliane Braun (freie Redakteurin)
Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der März-Ausgabe der ElektroWirtschaft. Als Printabonnent haben Sie fünf Zugriffe auf die digitale Ausgabe inklusive. Das Licht-Special steht Ihnen digital kostenfrei zur Verfügung!