Europaweit sehen sich die Hersteller von Kabeln und Leitungen mit Problemen in der Lieferkette konfrontiert. Schwierigkeiten gibt es vor allem beim Nachschub von PVC (Polyvinylchlorid). PVC wird von der deutschen und europäischen Kabelindustrie als Isolier- und Mantelmaterial verwendet und insbesondere in Produkten für Industrieanwendungen, Hausgeräte, Gebäudeinstallation, Energie- und Kommunikationsnetze sowie Fahrzeugleitungen eingesetzt.
Die Branche wird derzeit gleich von mehreren Entwicklungen getroffen. Auf der einen Seite ist PVC auf dem europäischen Markt nur stark eingeschränkt verfügbar. Zum Ende des vergangenen Jahres kam es bei mehreren europäischen PVC-Herstellern neben geplanten Abschaltungen zu zahlreichen sogenannten Force Majeure, also Situationen, die „unerwartet und außerhalb der Kontrolle“ der Betreiber waren. Hierdurch entstanden Produktionsausfällen und -stillständen. Auch wenn ein Teil dieser Anlagen wieder in Betrieb ist, bleibt das Angebot aufgrund anstehender Anlagenrevisionen knapp. Trotz der Ankündigung der Erzeuger, Bestände aufzubauen, um die Produktionsausfälle während der Wartungsarbeiten zu überbrücken, bleibt die Versorgungssituation bei PVC insgesamt problematisch.
Gleichzeitig ist die Nachfrage nach PVC auf dem Weltmarkt weiterhin stabil. Dies erschwert den Ersatz dieser Ausfälle durch Importe. So sind etwa Importmöglichkeiten aus den USA aufgrund ähnlicher Versorgungsprobleme vor Ort und einer durch den Bausektor getriebenen, hohen Nachfrage deutlich eingeschränkt. Darüber hinaus besteht auch bei anderen Standardmaterialien wie PE (Polyethylen), PP (Polypropylen) und EVA (Ethylenvinylacetat) als Vorprodukte der verarbeitenden Industrie eine extreme Unterversorgung, welche aktuell die gesamte Marktsituation prägt.
Während rund sechs Prozent der EU-weiten PVC-Nachfrage auf Produkte der Elektroindustrie entfallen, macht die deutsche Kabelindustrie an der inländischen PVC-Verarbeitung nur einen Anteil von rund drei Prozent aus. Nichtsdestotrotz: Der Anteil am Gesamtmarkt mag niedrig sein und die Kabelindustrie daher für die Kunststoffindustrie als Abnehmer weniger attraktiv sein – ihr Beitrag zur Aufrechterhaltung der wichtigen Energie- und Kommunikationsnetze jedoch ist und bleibt essenziell. „Die im ZVEI organisierten Kabel- und Leitungshersteller tun ihr Möglichstes zur Aufrechterhaltung der Lieferfähigkeit, aber ohne PVC kein Endprodukt“, sagt Sebastian Glatz, Fachverbandsgeschäftsführer Kabel und isolierte Drähte im ZVEI. „Beim Wiederanlauf der PVC-Produktion und den darauffolgenden Auslieferungen sollte die Bedeutung unserer Produkte unbedingt berücksichtigt werden.“