Am vergangenen Donnerstag (11.02.) verabschiedete der Bundestag das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz, kurz GEIG. Dieses regelt unter anderem die Ausstattung von Gebäuden mit Ladeinfrastruktur für Elektromobilität. Der ZVEH kritisiert, dass die Schwellenwerte für Neubauten und umfangreich sanierte Gebäude nach wie vor zu hoch sind und plädiert dafür, Ladepunkte bereits ab dem ersten Parkplatz vorzusehen oder diese zumindest planerisch zu berücksichtigen und Leerrohre einzuziehen.
Seit 2020 erlebt die Elektromobilität einen regelrechten Boom. Mit dem Anstieg an Fahrzeugen mit Elektroantrieb steigt jedoch auch der Bedarf an Lademöglichkeiten, insbesondere im privaten Bereich. Denn zuhause sowie am Arbeitsplatz werden künftig 85 Prozent der Ladevorgänge erfolgen. „Umso wichtiger ist es daher, die Ladeinfrastruktur in diesem Bereich nachhaltig auszubauen“, betont Lothar Hellmann, Präsident des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH): „Zumal es hier im Gegensatz zur öffentlichen Ladeinfrastruktur, deren Ausbau in der Vergangenheit mit Nachdruck gefördert wurde, noch große Defizite gibt.“
Ladeinfrastruktur ab erstem Stellplatz vorsehen
Deshalb zeigt sich der ZVEH von dem am vergangenen Donnerstag (11.02.) im Bundestag beschlossenen Kompromissvorschlag zum Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) enttäuscht. Dieser stellt zwar in Teilen eine Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen GEIG-Referentenentwurf dar, weil er den Schwellenwert für die Installation von Ladeinfrastruktur noch einmal deutlich senkt. Um den geplanten und für die Erreichung der Klimaziele der Regierung auch unerlässlichen Hochlauf der Elektromobilität zu unterstützen, ist das Gesetz in der jetzigen Ausprägung nach Ansicht des Verbands jedoch nicht ambitioniert genug.
So kritisiert der ZVEH beispielsweise, dass das Gesetz die Installation von Ladeinfrastruktur in Wohngebäuden erst ab einer bestimmten Stellplatzzahl – bei Neubauten ab dem fünften, bei umfangreich renovierten Wohngebäuden ab dem zehnten Stellplatz – vorsieht, statt diese bereits ab dem ersten Stellplatz vorzuschreiben. Damit bleiben, so die Kritik der elektrohandwerklichen Organisation, kleinere Gebäude wie Ein- und Zweifamilienhäuser, die hierzulande immerhin einen Anteil von rund 30 Prozent am Immobilienbestand haben, unberücksichtigt. Vorhandenes Potential wird nicht ausgeschöpft.
Nachrüstung wesentlich teurer
Für Neubauten fordert der ZVEH, jeden Stellplatz zumindest mit einem Leerrohr zu versehen, um den Gebäudebestand zukunftsfähig zu machen. Hintergrund ist, dass eine spätere Nachrüstung von Stellplätzen mit der notwendigen Elektroinfrastruktur um ein Vielfaches teurer ist. So stehen Kosten in Höhe von bis zu 300 Euro für das Einziehen eines Leerrohres, das die spätere Nachrüstung mit der elektrotechnischen Verkabelung erleichtert, Kosten von bis zu 5.000 Euro für eine Nachrüstung nach Beendigung des Baus beziehungsweise der Sanierung gegenüber. Dies belegt eine gemeinsame Untersuchung von ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik und Elektroindustrie e. V.) und ZVEH.
Nicht nachvollziehbar ist für den ZVEH zudem, warum das GEIG den Begriff „umfangreiche Renovierung“ an die Gebäudehülle koppelt, die in keinem Zusammenhang zur Elektroanlage steht. So macht es nach Meinung des Verbands viel mehr Sinn, eine nachträgliche Ausstattung mit Ladeinfrastruktur dann vorzuschreiben, wenn im Rahmen einer Renovierung ohnehin an der Elektroanlage gearbeitet oder in den Bereich der Parkplätze eingegriffen wird. Bei Arbeiten an der Gebäudehülle – laut GEIG ist Ladeinfrastruktur in dem vorgeschriebenen Anteil vorzusehen, wenn 25 Prozent der Gebäudehülle von der Renovierung betroffen sind – ergibt sich jedoch kein Synergieeffekt, so dass die Bezugnahme auf die Gebäudehülle wenig logisch erscheint.
Keine Unternehmererklärung für E-Handwerker
Wie schon im vorhergehenden Referentenentwurf wehrt sich der ZVEH zudem gegen die im GEIG festgeschriebene Unternehmererklärung, die E-Handwerker dazu verpflichtet, den Nachweis zu erbringen, dass bei Neubau/Sanierung alle Vorgaben des Gesetzes hinsichtlich der Elektromobilitätsinfrastruktur erfüllt wurden. Hier, so die Kritik, gehöre statt des ausführenden Betriebs derjenige in die Pflicht genommen, der bei der Gebäudeplanung die tatsächliche Entscheidungshoheit habe. War in der Referentenvorlage noch der Bauherr/Gebäudeeigentümer zur Ausstellung einer Unternehmererklärung verpflichtet, ging die Verpflichtung nun auf das elektrohandwerkliche Unternehmen als rein ausführendes Organ über. Neben der (nicht vertretbaren) Verlagerung von Verantwortung – bei Nicht-Einhaltung drohen Bußgelder – bedeutet das für die an Bau/Sanierung beteiligten E-Unternehmen darüber hinaus einen hohen Bürokratieaufwand.
Begrüßt wird von der elektrohandwerklichen Organisation indes, dass eine Evaluierung des Gesetzes auf Drängen der SPD nun bereits nach zwei Jahren erfolgen soll. Ursprünglich war vorgesehen, das GEIG erst nach drei Jahren auf den Prüfstand zu stellen. Mit der Verkürzung der Frist besteht somit bereits nach 24 Monaten die Möglichkeit, Nachbesserungen vorzunehmen. Ebenfalls als positiv sieht der Verband an, dass in der jetzigen Gesetzesfassung der Quartiersansatz aufgegriffen wurde. Dies sorgt für mehr Freiheiten bei der Einrichtung von Ladeinfrastruktur, weil es eine flexiblere Planung über Gebäudegrenzen hinweg erlaubt.
„Der Hochlauf der Elektromobilität stellt einen wichtigen Baustein der Energiewende dar. Entsprechend muss gerade auch der Ausbau der privaten Ladeinfrastruktur vorangetrieben werden“, so ZVEH-Hauptgeschäftsführer Ingolf Jakobi: „Das GEIG in seiner jetzigen Form lässt jedoch die Chance, Neubauten und sanierte Immobilien mit den entsprechenden Lademöglichkeiten auszustatten oder diese zumindest großflächig vorzuplanen, ungenutzt. Hier hätte man in größeren Dimensionen denken können und müssen, wie nicht zuletzt die große Nachfrage nach der E-Mobilitäts-Förderung zeigt.“
Förderprogramm stark nachgefragt
Jakobi bezieht sich damit auf die Tatsache, dass das von der Bundesregierung erst im Herbst 2020 bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aufgelegte Förderprogramm – der Kauf beziehungsweise die Installation einer Wallbox wird mit 900 Euro gefördert – bereits Ende Januar 2021 überzeichnet war. So waren laut KfW zum 31. Januar 2021 bereits 214 Millionen Euro abgerufen worden. Das ursprüngliche Fördervolumen von 200 Millionen Euro wurde daraufhin zwar auf 300 Millionen erhöht. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Fördermittel bereits zu mehr als zwei Dritteln ausgeschöpft sind.