Die dritte Sonderumfrage des ZVEH zeigt ein differenziertes Bild von der Lage der elektrohandwerklichen Betriebe während der Corona-Krise. Zwar hat sich die Geschäftssituation im Vergleich zum Spätsommer kaum verschlechtert. Die Erwartungen für das Jahr 2021 sind jedoch eher verhalten – auch, weil im Frühjahr 2020 vorhandene größere Auftragspolster zwischenzeitlich abschmolzen.
Um ein aktuelles Bild von der Situation in den Innungsbetrieben zu erhalten, führte der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) erneut eine Corona-Umfrage durch – die dritte seit Beginn der Pandemie. Schon zu Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 sowie kurz nach dessen Ende im Mai 2020 hatte die elektrohandwerkliche Organisation die Innungsbetriebe zu den Auswirkungen der Corona-Krise befragt; im September 2020 folgte dann die traditionelle Herbst-Konjunkturumfrage. Diese zeichnete ein erfreuliches Bild und zeigte, dass sich die Situation zwischenzeitlich entspannt hatte. So lag der Geschäftsklimaindex nach vorübergehendem Einbruch im Frühjahr 2020 im September desselben Jahres bereits wieder bei 80 Punkten. Auch andere wichtige Wirtschaftsindikatoren erreichten fast wieder das Vor-Corona-Niveau.
Geschäftsklimaindex auf Herbst-Niveau
Die jetzige Befragung, an der sich mehr als 1.800 elektrohandwerkliche Betriebe beteiligten, überrascht erneut mit einem hohen Geschäftsklimaindex. Mit 79,8 Punkten hat sich dieser trotz kontinuierlicher Verschärfung der Corona-Krise nicht spürbar verschlechtert. Das bedeutet: Die Innungsbetriebe haben auch im Winter bislang keine größeren Umsatzeinbrüche verzeichnet und scheinen gut ausgelastet zu sein. Nur 23,6 Prozent der Befragten gaben an, dass der Umsatz Corona-bedingt zurückgegangen sei. Zu Beginn des ersten Shutdowns im März 2020 waren es 58,6 Prozent und damit mehr als doppelt so viele. Auch Kurzarbeit scheint in den E-Handwerken nach wie vor kein großes Thema zu sein: So gaben bei der aktuellen Befragung nur 4,8 Prozent der elektrohandwerklichen Betriebe an, Kurzarbeit angemeldet zu haben. Im Mai 2020 waren es noch 13,8 Prozent gewesen. Und nur 0,7 Prozent der Befragten mussten krisenbedingt Mitarbeiter entlassen (März 2020: 2,5 Prozent; Mai 2020: 1,5 Prozent).
Auftragspolster schrumpfen
Die deutlichste Differenz zwischen den ersten beiden und der jetzigen Corona-Umfrage zeigt sich in puncto Auftragsbestände. Hatte der Löwenanteil der Betriebe zu Beginn der Pandemie noch über beachtliche Auftragspolster von zum Teil mehr als vier Monaten verfügt, so sind diese mittlerweile abgeschmolzen. Nur noch 39,3 Prozent der Betriebe gaben jetzt an, Aufträge für mehr als zwei Monate zu haben.
Dieser Umstand beeinflusst die Einschätzung der künftigen Geschäftsentwicklung ebenso wie die Tatsache, dass die weitere Entwicklung der Corona-Krise trotz Bereitstellung von Impfstoffen derzeit kaum einschätzbar ist. Auch die Angst vor den Folgen der hohen staatlichen Verschuldung, vor Konsumzurückhaltung und einem Rückgang der staatlichen Investitionen könnte hier eine Rolle spielen und zu einer negativeren Einschätzung führen. Laut der dritten ZVEH-Corona-Umfrage gehen demnach mehr Betriebe von einem Umsatzrückgang (31,8 Prozent) für 2021 aus als von einem Anstieg (9,4 Prozent).
Beschaffungsprobleme halten an
Zunehmend zu schaffen machen den Innungsbetrieben auch Corona-bedingte Beschränkungen sowie Hygieneanforderungen. Immerhin 30,5 Prozent der Befragten sagten, dass sie deswegen Probleme hätten, ihre handwerklichen Leistungen zu erbringen. 54,3 Prozent der Unternehmen erwarten, dass durch die jüngsten Verschärfungen der Corona-Maßnahmen der Zugang zu Baustellen, Betrieben und privaten Haushalten weiter erschwert wird. Gleichzeitig stieg die Zahl der Unternehmen, in denen Mitarbeiter an Corona erkrankten oder aufgrund von Quarantänemaßnamen ausfielen. Knapp 40 Prozent (39,7 Prozent) waren hier bereits betroffen. 40 Prozent der Befragten klagen zudem über Beschaffungsprobleme. Während im Frühjahr 2020 vor allem die Bereiche „Licht“ und „Beleuchtung“ betroffen waren, kommt es nun bei 21,1 Prozent der Betriebe auch zu Engpässen bei Elektrogeräten. Betroffen ist hier vornehmlich die sogenannte „Weiße Ware“.
Beschäftigungssituation
Ein differenziertes Bild zeichnet die dritte Corona-Befragung im Bereich der Mitarbeiterzahlen. Während 15,4 Prozent der Innungsbetriebe ihre Mitarbeiterzahl 2021 steigern wollen, gehen 10,8 Prozent davon aus, dass sich die Zahl der Arbeitsplätze verringern wird. Bei den Ausbildungsplätzen verhält es sich umgekehrt: Hier wollen 22,8 Prozent der Befragten 2021 weniger Plätze anbieten. Neun Prozent möchten das Angebot an Ausbildungsplätzen hingegen erhöhen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass das Ausbildungsangebot in den Elektrohandwerken seit Jahren kontinuierlich gestiegen ist und sich auf sehr hohem Niveau bewegt.
Großes Interesse an neuem Beruf
Die Corona-Umfrage ging auch der Frage nach, in welchen Ausbildungsberufen die Betriebe 2021 planen, auszubilden. Der Löwenanteil der Befragten (87,2 Prozent) gab dabei – wie nicht anders zu erwarten war – an, Ausbildungsplätze für „Elektroniker/-innen Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik“ anbieten zu wollen. Mit 7,7 Prozent belegte überraschenderweise der neue Ausbildungsberuf „Elektroniker/-in für Gebäudesystemintegration“ Platz zwei, gefolgt vom „Elektroniker/-in Fachrichtung Automatisierungs- und Systemtechnik“ (4,5 Prozent), dem „Informationselektroniker/-in“ (4,4 PRozent) und dem „Elektroniker/-in für Maschinen und Antriebstechnik“ (2,6 Prozent). Der neue Beruf wird erstmals ab Sommer 2021 angeboten und resultiert aus der vom ZVEH angestoßenen Neuordnung der Ausbildungsberufe, die ab dem Ausbildungsjahr 2021 greift und mit der die elektrohandwerkliche Organisation die Weichen für die Digitalisierung stellt.
Messen kommt hohe Bedeutung zu
In Zusatzfragen zur Corona-Umfrage hatte der ZVEH zudem von seinen Innungsmitgliedern wissen wollen, welche Bedeutung sie Messen und Präsenzveranstaltungen beimessen. Hier zeigte sich klar, dass physische Formate weiterhin für die Branche unverzichtbar sind. So halten 85,5 Prozent der elektrohandwerklichen Unternehmen Messen für sehr wichtig und bedauern deren Ausfall. Die im Verlauf der Pandemie entwickelten digitalen Formate werden jedoch sehr gern genutzt und als wertvolle Ergänzung zu Präsenzveranstaltungen angesehen.
Betriebe bereit für neue Geschäftsfelder
„Unsere dritte Corona-Befragung macht insofern Mut, als sie zeigt: Unsere Innungsbetriebe trotzen der Krise und haben auch weiterhin nur moderate Umsatzrückgänge zu verzeichnen. Dass der Blick Richtung Zukunft dennoch eher skeptisch ausfällt, ist auch ein psychologisches Phänomen“, so ZVEH-Hauptgeschäftsführer Ingolf Jakobi: „Schließlich lässt sich kaum einschätzen, wie lange sich Corona und die damit verbundenen Maßnahmen noch auf Wirtschaft und Konsumbereitschaft niederschlagen. Umso wichtiger ist es meines Erachtens, dass weiter in die Zukunft investiert wird. Mit der Neuordnung der Ausbildungsberufe und dem neuen Ausbildungsberuf ‚Elektroniker/-in für Gebäudesystemintegration‘ hat der Verband hier einen wichtigen Grundstein gelegt und dafür gesorgt, dass die Elektrohandwerke gut für künftige Herausforderungen gerüstet sind. Das Interesse seitens der Betriebe an dem neuen ,Vernetzungsexperten‘ ist, das zeigt diese Umfrage, da!“
„Messen sind Teil der Handwerker-DNA. Wenn Corona eines gezeigt hat, dann, dass der persönliche Kontakt enorm wichtig ist und dass Messen nicht nur ideale Plattformen für den Informationsaustausch und die Präsentation neuer Produkte, sondern auch fürs Netzwerken sind. Digitale Produkte wie unser virtuelles E-Haus stellen jedoch eine wertvolle Ergänzung zu diesen Präsenzveranstaltungen dar und werden künftig noch mehr dazu dienen, den Zeitraum zwischen den Messen zu bespielen“, so ZVEH-Präsident Lothar Hellmann.