Das Handwerk fordert für die Zeit nach Corona eine faire Lastenverteilung der hohen Kosten, die derzeit zur Bewältigung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen anfallen. „Sie dürfen nicht nur beim Mittelstand landen. Dabei werden wir um Strukturreformen, vielleicht auch um manchen Paradigmenwechsel im Steuer- und in unseren Sozialsystemen nicht umhinkommen“, mahnte Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), am Donnerstag, 8. Oktober 2020, bei der ZDH-Vollversammlung, dem Spitzentreffen des deutschen Handwerks in Berlin.
Der ZDH-Präsident würdigte das bisherige Krisenmanagement der Bundesregierung. Er dankte der zugeschaltenen Bundeskanzlerin Angela Merkel im Namen des Handwerks für das schnelle und entschlossene Handeln der Bundesregierung und die getroffenen Maßnahmen zur Stabilisierung von Wirtschaft und Ausbildungsmarkt.
Wollseifer betonte das unverändert große Engagement der Handwerksbetriebe für die Ausbildung Jugendlicher und für die berufliche Qualifizierung in der Breite. Diese Leistung verdiene vor dem Hintergrund des Corona-Jahres besondere Wertschätzung. Mit der Ausbildungsprämie setze die Bundesregierung ein erstes wichtiges Signal. „In der Krise tun wir etwas für die Zukunft: Wir bilden weiter aus. Wir wollen keinen Jugendlichen zurückzulassen. Wir wollen keine verlorene ‚Generation Corona‘ “, so Wollseifer. Den Ausbildungsmarkt weiter zu stabilisieren, bleibe ein Kernanliegen des Handwerks, auch wenn die Situation für Betriebe und die Bildungsstätten des Handwerks gegenwärtig schwierig sei. „Wir müssen alles dafür tun, dass aus einer Ausbildungskrise keine Fachkräftekrise wird“, so der ZDH-Präsident.
Die von Bund und Ländern beschlossenen neuen Regelungen zum gegenwärtigen Umgang mit der Pandemie wertete Wollseifer im Grundsatz als positiv, verwies aber zugleich auf die Notwendigkeit, Instrumente weiter zielgenau auszurichten.
Entscheidend sei für die weitere Entwicklung, „dass es nicht zu einem zweiten Lockdown kommt. Das würde für viele Betriebe das Aus bedeuten, und das muss unbedingt verhindert werden“, betonte Wollseifer. Er verwies auf die große Leistung von Handwerkerinnen und Handwerkern während der Pandemiezeit. In den vergangenen Monaten habe das Handwerk mit seinem Beitrag das Land am Laufen gehalten: Bäcker- und Fleischermeister etwa haben die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln garantiert, Wäschereien und Gebäudereiniger haben den Betrieb von Krankenhäusern und Pflegestationen sichergestellt und die Notdienste aus dem technischen Bereich haben die öffentliche und private Infrastruktur aufrechterhalten.
Der Handwerkspräsident verwies auf die große Bedeutung der öffentlichen Hand und einer funktionierenden öffentlichen Verwaltung gerade in der gegenwärtigen Phase einer wieder anziehenden wirtschaftlichen Erholung. „Gerade jetzt brauchen unsere Betriebe Aufträge, schnelle Entscheidungen und beschleunigte Genehmigungen. Was hilft es, wenn Gelder für Investitionen zur Verfügung stehen und nicht fließen können, weil der Stempel fehlt? Bürokratie darf nicht zum Bremsklotz werden“, so der ZDH-Präsident.