Ende Juli meldete das Statistische Bundesamt für das zweite Quartal einen historischen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 10,1 Prozent. In nahezu allen Wirtschaftsbereichen mit Ausnahme des Baugewerbes brach die Wirtschaftsleistung teilweise massiv ein. Dank des umfangreichen Einsatzes von Kurzarbeit konnte sich die Beschäftigung davon weitgehend entkoppeln. Mit der schrittweisen Lockerung der Einschränkungen hat für die deutsche Wirtschaft ab Mai bereits wieder der Erholungsprozess eingesetzt. Die Industrie konnte ihre Erzeugung und ihren Absatz im Mai und Juni kräftig ausweiten. Ihr Produktionsniveau lag Stand Juni dennoch erst bei gut 87 Prozent des Jahresendquartals 2019 vor Ausbruch der Pandemie. Auch in vielen Dienstleistungsbereichen ist eine wirtschaftliche Erholung zu beobachten. Angesichts der hierdurch bereits wieder etwas günstigeren Ausgangslage wird es im dritten Quartal zu einem kräftigen Wiederanstieg des Bruttoinlandsprodukts kommen. Die weitere konjunkturelle Belebung hängt dabei ganz maßgeblich vom Pandemieverlauf im In- und Ausland ab. Einige Volkswirtschaften unserer Handelspartner sind durch die Pandemie weiterhin stark belastet. Schon deshalb wird nach der ersten kräftigeren Erholung im Mai und Juni der weitere Erholungsprozess der deutschen Wirtschaft nur langsam voranschreiten und noch längere Zeit in Anspruch nehmen. Grundsätzlich sind die Unternehmen aber wieder merklich zuversichtlicher gestimmt. Laut ifo Konjunkturtest vom Juli sind die gesamtwirtschaftlichen Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate per saldo bereits wieder positiv und günstiger als im Jahr 2019.
Weltwirtschaft: Aussichten verbessern sich
Während die Rückschau für die Weltkonjunktur düster ausfällt, signalisieren Frühindikatoren eine Erholung im weiteren Jahresverlauf. Die globale Industrieproduktion wurde im Zeitraum April/Mai um rund zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gedrosselt. Der weltweite Warenhandel fiel sogar um etwa 17 Prozent. Auch anhand erster Meldungen großer Volkswirtschaften zur BIP-Entwicklung im zweiten Quartal wird das Ausmaß der Corona-Rezession in der ersten Jahreshälfte deutlich. Im Euroraum ging das BIP um 12,1 Prozent und in den USA um 9,5 Prozent zurück. Für das zweite Halbjahr senden Stimmungsindikatoren hingegen positive Signale. Der globale Einkaufsmanagerindex (PMI) von J.P.Morgan/ IHS Markit für die Industrie kletterte im Juli erstmals seit Januar mit 50,3 Punkten über seine Wachstumsschwelle.
Die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft hängt maßgeblich vom Verlauf der Corona-Pandemie sowie den Maßnahmen und Verhaltensänderungen zur Eindämmung der weiteren Ausbreitung des Virus ab. Dabei sind die einzelnen Länder in den verschiedenen Teilen der Welt in unterschiedlichem Maße betroffen. Laut Robert-Koch-Institut vermeldet China als Ausgangspunkt der Pandemie aktuell nur noch geringe Fallzahlen und befindet sich bereits in einer wirtschaftlichen Erholungsphase mit einem BIP-Wachstum von 11,5 Prozent im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal. Derweil entwickeln sich andere Länder leider zu Corona-Hot-Spots (mehr als 120 Fälle je 100.000 Einwohner). Dazu zählen die USA, Südafrika und Teile Lateinamerikas, unter anderem Brasilien und Argentinien. Erhöhte Fallzahlen (60-119 Fälle) lassen sich aber auch in Süd- und Ost-Europa wie etwa in Spanien, Rumänien und Ungarn sowie in schwächerer Abstufung (20-59 Fälle) in Russland, Indien, Schweden und Großbritannien beobachten. Dies verdeutlicht, dass das außenwirtschaftliche Umfeld für die deutsche Wirtschaft noch einige Zeit schwierig bleiben dürfte.
Deutscher Aussenhandel erholt sich weiter
Im Juni setzte sich die Erholung der Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen fort. Gegenüber dem Vormonat stiegen sie saisonbereinigten und nominal um 10,8 Prozent. Im Mai konnte bereits mit einem Plus von 8,2 Prozent eine deutliche Steigerung nach dem Pandemie-bedingten Einbruch verzeichnet werden. Für das zweite Quartal ergab sich noch eine spürbare Abnahme von 21,2 Prozent. Das Niveau der Waren- und Dienstleistungsexporte liegt trotz des eingesetzten Aufholprozesses erst etwa bei 83 Prozent des Niveaus vor Beginn der Corona-Krise im Februar.
Die Einfuhren von Waren und Dienstleistungen sind noch weiter vom Vorkrisenniveau entfernt. Das liegt auch daran, dass ihr Wachstum im Juni saisonbereinigt und nominal gegenüber dem Vormonat mit 5,4 Prozent gegenüber Mai vergleichsweise schwach ausfiel (Mai: +2,4 Prozent). Im Quartalsvergleich sanken die Importe noch um beispiellose 19,3 Prozent.
Die Frühindikatoren zur Außenwirtschaft deuten eine weitere Erholung an. Die ifo Exporterwartungen für das Verarbeitende Gewerbe lagen im Juli per saldo erstmals seit Januar wieder im positiven Bereich. Auch die Auftragseingänge aus dem Ausland erholten sich im Juni weiter mit einem kräftigen saisonbereinigten Plus von 22,0 Prozent gegenüber Mai. Diese Signale deuten darauf hin, dass sich der Aufholprozess im weiteren Jahresverlauf fortsetzt. Dieser wird sich allerdings noch hinziehen.
Industriekonjunktur – Erholung setzt sich fort
Die seit Mai einsetzende Erholung der Produktion im Produzierenden Gewerbe hat sich im Juni kräftig fortgesetzt. Saisonbereinigt stieg sie um 8,9 Prozent. In der Industrie war der Zuwachs mit +11,1 Prozent erneut besonders ausgeprägt. Wie bereits im Mai war hierfür ein deutliches Plus von 54,7 Prozent im gewichtigen Bereich Kfz und Kfz-Teile maßgeblich. Nachdem dort die Erzeugung im April weitestgehend zum Stillstand gekommen war, lag sie zuletzt bereits wieder bei rd. 80 Prozent des Niveaus vom vierten Quartal 2019, vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Der Bau, der bislang weniger Einschränkungen durch Corona erfuhr, verzeichnete einen Anstieg in Höhe von 1,4 Prozent. Im Quartalsvergleich schlägt der harte Shutdown im April zu Buche. So hat sich die Produktion im Produzierenden Gewerbe im zweiten Vierteljahr gegenüber der Vorperiode um 16,1 Prozent verringert. In der Industrie lag das Minus bei 19,3 Prozent und im Baugewerbe bei 4,2 Prozent. Diese spürbar negativen Quartalswerte dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Verlauf des zweiten Vierteljahrs bereits zu einer deutlichen Erholung gekommen ist.
Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe erholten sich im Juni gegenüber dem Vormonat kräftig um 27,9 Prozent, nach der eher noch verhaltenen Belebung im Mai um 10,4 Prozent. Die Bestellungen von Investitionsgütern nahmen dabei kräftig um 45,7 Prozent zu (Bereich Kfz/Kfz-Teile: +66,5 Prozent). Auch bei Vorleistungsgütern war der Zuwachs beachtlich (+10,6 Prozent), während der bei Konsumgütern moderat ausfiel (+1,1 Prozent). Im Quartalsvergleich ergab sich auch bei den Ordereingängen im Verarbeitenden Gewerbe ein deutlicher Rückgang von 22,9 Prozent, vor allem wegen der schwachen Nachfrage aus dem Nicht-Euroraum (-30,7 Prozent) und Euroraum (-26,2 Prozent).
Die Juni-Daten zu Produktion und Auftragseingängen zeigen somit ebenso wie das ifo Geschäftsklima und der PMI eine deutliche Erholung der Industriekonjunktur an. Laut den Umfragen von ifo und IHS Markit/BME im Juli gehen die Unternehmen von einer weiteren Verbesserung ihrer Geschäfte in den kommenden Monaten aus. Der Aufholprozess dürfte aber in Anbetracht der anhaltend schwachen Auslandsnachfrage und der Unwägbarkeiten des Pandemieverlaufs noch längere Zeit in Anspruch nehmen.