Als Mitte März dieses Jahres, auf dem bisherigen Höhepunkt der Corona-Krise, Amazon verkündete, allein in den USA 100 000 neue Mitarbeiter mit erhöhtem Stundenlohn einstellen zu wollen, wurde eines deutlich: Die Pandemie wirkt wie ein Katalysator auf die Digitalisierung und belohnt diejenigen, die ihre digitalen Hausaufgaben erledigt haben. Einzelhändler, die ergänzend zu ihrem Ladengeschäft einen starken Webauftritt hatten, mussten deutlicher weniger Einbußen verkraften, als die Händler, die nur offline und damit zeitweise gar nicht für ihre Kunden zur Verfügung standen.
Die digitalen Hausaufgaben gemacht zu haben, bedeutet vor allem eins: Die eigenen Aktivitäten voll und ganz auf die Bedürfnisse des Kunden auszurichten und in diesem Sinne auf Zeitersparnis und Bequemlichkeit als die entscheidenden Faktoren zu setzen. Es ist nützlich sich vor Augen zu führen, dass der Bestellprozess an sich, insbesondere im B2B-Bereich, eher eine notwendige Aufgabe, denn ein „Shopping-Erlebnis“ darstellt. Umso wichtiger ist es, diesen Prozess so effizient wie möglich zu gestalten, damit sich – in unserer Branche der Elektrohandwerker – stärker auf seine eigene Wertschöpfung bzw. seinen Kunden konzentrieren kann.
Seit dem 1. Juli 2020 sind wir als Branche durch die Veröffentlichung des offenen Standards ELBRIDGE 2.0 und dank der vertrauensvollen Zusammenarbeit aller drei Vertriebsstufen unter dem Dach von ETIM ein ganzes Stück leistungsfähiger geworden und machen es dem Elektrohandwerk bequemer, unseren Vertriebsweg zu nutzen. Unserem Leitbild, der nahtlosen Bestellerfahrung („Seamless Customer Experience“) folgend, spart sich der Handwerker ab sofort die mühsame Übertragung von Artikeldaten von der Hersteller-Website zum Großhandels-Webshop und kann dort den Einkauf wie gewohnt abschließen. Keine handschriftlichen Notizen, keine Fehler bei der Übertragung, alles einfach, sicher und voll digital. Zentrales Verbindungsstück zwischen Hersteller und Handel ist das ELBRIDGE-Interface, das die zuvor erstellte Artikelliste anonym an den Großhandels-Webshop weiterleitet. Die Wahl des favorisieren Händlers trifft wie gewohnt der Elektrohandwerker. Zum Start können wir hinsichtlich des Handelsvolumens über die Hälfte des deutschen Elektrogroßhandels-Marktes abdecken. Die gelisteten Händler sind nun bereit, Bestellungen über das Interface entgegen zu nehmen. Jetzt gilt es, die Marktabdeckung sowohl auf Hersteller- als auch auf Händlerseite zu vergrößern, damit die volldigitale Übertragung von Artikeldaten in Zukunft die Regel wird und nicht die Ausnahme bleibt oder mit anderen Worten das große Potential ausgeschöpft wird, welches uns die neue Schnittstelle bietet.
Was bei der Erstellung von ELBRIDGE 2.0 geleistet wurde, ist nicht weniger als Pionierarbeit. Einzig und allein dem über dem Jahrzehnte hinweg gewachsenen Vertrauen in unserer Branche ist es zu verdanken, dass wir mindestens im Elektrobereich die ersten sind, die einen solchen, offenen Standard realisieren konnten. Ziel ist es, die Schnittstellen in Zukunft möglichst international zu verbreiten. Für ELBRIDGE 1.0 liegen bereits Anfragen aus dem Ausland vor. An ELBRIDGE 3.0, d.h. an der nahtlosen Einbindung der Handwerks-Software wird bereits intensiv gearbeitet. Wir haben nun die Gelegenheit, in Deutschland den Benchmark zu setzen und uns einen zeitlichen Vorteil zu schaffen. Diese Chance sollten wir nicht verpassen.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der August-Ausgabe der ElektroWirtschaft. Jetzt digital kostenfrei lesen, mit unserer App oder dem eMagazin.