Im Interview mit der ElektroWirtschaft spricht Frank Jahns, Geschäftsführer Vertrieb Stiebel Eltron, unter anderem über mögliche Auswirkungen der Coronakrise auf die Umsetzung der geplanten Klimaschutzmaßnahmen, die Entwicklung des Wärmepumpenmarktes und das Haus der Zukunft.
ElektroWirtschaft: Der Umgang mit dem Coronavirus bleibt allgegenwärtig. Welche Auswirkungen hat die Ausbreitung des Virus bei Stiebel Eltron?
Frank Jahns: Wir haben bereits frühzeitig umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um unsere Mitarbeiter soweit möglich zu schützen und das Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten. Gleichzeitig haben wir unsere Anstrengungen intensiviert, alle benötigten Materialien und Dienstleistungen durchgängig sicherzustellen. So ist es uns bisher gelungen, Produktionsabrisse oder Lieferengpässe komplett zu vermeiden.
ElektroWirtschaft: Durch die Coronakrise sind Themen wie die Energiewende etwas aus dem Fokus geraten. Befürchten Sie neue Hemmnisse auf die konkrete Umsetzung Ihrer Ziele?
Frank Jahns: Diesem Thema haben wir uns kürzlich mit einem ausführlichen Standpunkt gewidmet, denn wir sehen hier ein großes Risiko: Gelingt es nicht, die zur Bewältigung der Wirtschaftskrise gerade erst losgeeisten, gigantischen Finanzmittel für die Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen in Industrie, Verkehr und Gebäuden zu nutzen, sind auf Jahre und vielleicht Jahrzehnte hinaus alle finanziellen Spielräume hierfür verloren.
ElektroWirtschaft: Wie stellen Sie sich das Haus der Zukunft vor?
Frank Jahns: Strom ist die einzige Energieform im Haus der Zukunft – im besten Fall handelt es sich um grünen, zum Großteil selbst produzierten Strom. Gebäude sind zukünftig gleichzeitig Verbraucher und Erzeuger. Ein intelligentes Management steuert alle Verbraucher und sorgt für die optimale Nutzung der vorhandenen Energie. Dabei steht natürlich die Wärmepumpen-Heizungsanlage als einer der größten Verbraucher im Mittelpunkt. Sicher wird auch die Energiespeicherung in Form von thermischer Energie, die von der Wärmepumpe bereitgestellt wird, eine wichtige Rolle spielen. Voraussichtlich werden Wärmepumpen-Heizungsanlagen von Energieversorgern darüber hinaus als Flexibilitätsoptionen genutzt.
ElektroWirtschaft: Immer mehr Menschen erkennen die Vorteile von grünem und selbst produziertem Strom auf Basis erneuerbarer Energien. Welche energetischen Komponenten sind für die Planung eines Hauses elementar?
Frank Jahns: In unserer Übersicht zum KfW-40-Plus-Haus haben wir die dazu nötigen Komponenten zusammengestellt: Mit dem Lüftungsintegralsystem LWZ 8 CS Premium mit ISG (Internet Service Gateway) und einer Photovoltaikanlage sowie dem Sunny Home Manager von SMA sind drei Grundvoraussetzungen für ein KfW-40-Haus gegeben: eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, eine stromerzeugende Anlage auf Basis erneuerbarer Energien und die Visualisierung von Stromerzeugung- und verbrauch. Ergänzt wird die Technik im KfW-40-Plus-Haus durch einen Batteriespeicher.
ElektroWirtschaft: Was bewirkt eine intelligente Vernetzung im Haus?
Frank Jahns: Nehmen wir mal das eben beschriebene KfW-40-Plus-Haus als Beispiel: In dieser Variante wird der PV-Strom intelligent gemanagt. Er wird mittels Batterie elektrisch und über die LWZ 8 CS thermisch gespeichert. Diese Speicherung erfolgt intelligent auf der Basis von Bedarfs- und Verbrauchsprognosen. An ertragsreichen Tagen wird so eine Abregelung der PV-Anlage soweit möglich verhindert und damit die Verschwendung wertvoller Energie effektiv vermindert. Das steigert die Wirtschaftlichkeit des Systems deutlich. Noch besser wird dieser Effekt natürlich, wenn weitere Verbraucher im Gebäude an das Energiemanagement angeschlossen sind.
ElektroWirtschaft: Welche zukunftsträchtigen Konzepte sehen Sie für die Sanierung im Gebäudebestand?
Frank Jahns: Die Konzepte für die Sanierung im Gebäudebestand müssen gar nicht völlig neu und nie dagewesen sein – die Wärmepumpe ist seit über 40 Jahren am Markt und dank großer Effizienzsprünge in den letzten Jahren ist sie auch für die allermeisten Bestandsbauten in Deutschland die CO2-freie Heizungsalternative. Das hat übrigens auch der Staat erkannt: 45 Prozent der gesamten Investitions- und Einbaukosten übernimmt die öffentliche Hand, wenn eine Ölheizung durch eine effiziente Wärmepumpe ersetzt wird. Bei Ersatz einer Gasheizung oder im Neubau sind es immerhin noch 35 Prozent, die der Staat dazugibt.
ElektroWirtschaft: Welche passenden Produkte bietet Stiebel Eltron dafür?
Frank Jahns: Im Bestand sind es vor allem die Luft-Wasser-Wärmepumpen WPL 20-25 für die Außenaufstellung sowie WPL 19-24 für die Innenaufstellung. Invertergeregelt, mit entsprechend hoher Leistung und guter Effizienz auch bei Vorlauftemperaturen bis zu 55 Grad und damit für den Einsatz mit Radiatorenheizungen geeignet, dazu sehr leise. Aber natürlich haben wir auch entsprechende Erdreich- und Grundwassergeräte im Programm. Im Neubau optimal: Das Lüftungsintegralsystem LWZ. Es vereint Luft-Wasser-Wärmepumpe und Lüftungsanlage in einem Gerät – und auch dafür gilt die 35-Prozent-Förderung! Genauso übrigens auch unsere Lüftungswürfel und sogar dezentrale Lüftungslösungen, sofern eine effiziente Wärmepumpe installiert wird und eine Regelung der Lüftungsanlage über die Wärmepumpenregelung erfolgt. Lüftungsanlagen ohne Verbindung zur Wärmepumpe hingegen werden nicht gefördert. Abgesehen davon kann die LWZ neben dem Heizen, der Warmwasserbereitung und dem Lüften auch das Kühlen der Gebäude im Sommer übernehmen. Auch der Anschluss einer Solarthermie-Anlage ist genauso möglich wie die Nutzung in Verbindung mit einer Photovoltaik-Anlage.
ElektroWirtschaft: Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung des Wärmepumpenmarktes?
Frank Jahns: Die derzeitige Wärmepumpen-Förderung der BAFA in Höhe von 35 Prozent (beziehungsweise 45 Prozent beim Austausch einer Ölheizung) bringt natürlich einen enormen Schub in diesem Jahr. Im Januar sind wir noch davon ausgegangen, dass 2020 DAS Wärmepumpen-Jahr wird. Bedingt durch die Corona-Pandemie sind diese Erwartungen zwar ein wenig gedämpft, doch erfolgreich wird das Jahr 2020 für die Wärmepumpe in jeden Fall! Zumal: Laut unserer Umfrage „Energie-Trendmonitor 2020“ wollen 79 Prozent der Bundesbürger im Heizungskeller auf erneuerbare Energie umsteigen.
ElektroWirtschaft: Das Thema Photovoltaik erlebt wieder einen Boom. Besteht für die Kombination von Wärmepumpe und PV eine rosige Zukunft?
Frank Jahns: Die Kombination aus Wärmepumpe und PV-Anlage ist optimal aus drei Gründen:
Punkt 1: Mittels Wärmepumpe kann der Strom der PV-Anlage thermisch gespeichert werden, sprich warmes Wasser wird im Puffer- oder im Trinkwarmwasserspeicher bevorratet – einzige Speicher-Alternative ist der Batteriespeicher.
Punkt 2: Die Wärmepumpe benötigt einen kleinen Teil Antriebsstrom, den die Bauherren ohne PV-Anlage vom Energieversorger beziehen müssten. Mit PV-Anlage läuft die Wärmepumpe kostenneutral.
Punkt 3: Die CO2-Bilanz einer Wärmepumpe, die mit dem Strom der hauseigenen PV-Anlage betrieben wird, liegt bei 0!
ElektroWirtschaft: Welche Bedeutung haben Elektrogroßhandel und Elektrohandwerk bei der Umsetzung Ihrer Vorhaben?
Frank Jahns: Großhandel und Handwerk sind unsere wichtigsten Multiplikatoren. Der Handwerker steht direkt mit dem Endkunden im Kontakt und sorgt für die fachgerechte Installation unserer Produkte. Der Großhandel ist unser Multiplikator in Richtung Handwerk. Hier bezieht der Experte seine Produkte, informiert sich und trifft auf unsere Marke.
ElektroWirtschaft: Lohnt es sich für Hausbesitzer in neue Technik zu investieren? Wie bewerten Sie die aktuelle Energiepreispolitik?
Frank Jahns: 2020 lohnt sich der Umstieg auf neue Technik mehr denn je! Diverse Förderprogramme greifen für Durchlauferhitzer und Wärmepumpen. Mittels CO2-Bepreisung werden fossile Energieträge Jahr für Jahr teurer – ein rechtzeitiger Umstieg zahlt sich insbesondere in den kommenden Jahren aus.
ElektroWirtschaft: Welche politischen Weichen müssen gestellt werden, damit Deutschland im Gebäudesektor die angepeilten Klimaschutzziele erreichen kann?
Frank Jahns: Das Ende 2019 nach zähem Ringen verabschiedete Klimapaket der Bundesregierung ist ein erster – allerdings kleiner – Schritt in die richtige Richtung. Die Grundidee, CO2-Emissionen einen Preis zu geben, ist gut. Ideal wäre es allerdings gewesen, die Energiepreise insgesamt zu nivellieren und gleichzeitig alle Energieträger entsprechend ihren jeweiligen CO2-Emissionen zu bepreisen. Die Akzeptanz für eine solch einfache Maßnahme, die die derzeitigen Steuern, Umlagen und Abgaben auf die unterschiedlichen Energien abgelöst hätte, wäre in der Gesellschaft sicherlich vermittelbar gewesen. Dadurch wären die Verbraucher in die Lage versetzt worden, technologieoffene Entscheidungen treffen zu können. Durch einen von EEG-Umlage und Stromsteuer befreiten niedrigeren Strompreis (in dem die entsprechenden CO2-Kosten über den europäischen Zertifikatehandel ETS seit Jahren weitestgehend enthalten sind) wäre ein sozialer Ausgleich zu den steigenden Preisen für fossile Brennstoffe gegeben. Gleichzeitig würde sich automatisch eine kurzfristige Lenkungswirkung hin zu Technologien ergeben, die bei der Anwendung weniger CO2 ausstoßen. Es gilt also: Faire Preise inklusive CO2-Kosten für alle Energieträger sind zwar mit dem Klimapaket noch nicht gegeben, aber ein Anfang ist gemacht. Wird die Mechanik wie vorgeschlagen umgesetzt, sollte entweder der CO2-Preis schneller ansteigen oder der Einstiegspreis deutlich höher angesetzt werden. Die zusätzlichen Einnahmen müssen – wie im Kllimapaket auch vorgesehen – dafür eingesetzt werden, den Strompreis abzusenken.