Ledvance, die frühere Allgemeinbeleuchtungssparte von Osram, positioniert sich heute als umfassender Lösungsanbieter für LED-basierte Beleuchtungssysteme. Im Vorfeld der Light + Building (die nach unserem Interview auf Ende September verschoben wurde) sprach die ElektroWirtschaft mit Tobias Metsch und Dr. Oliver Vogler. Der Betriebswirt Metsch (MBA) verantwortet seit 2018 das DACH-Geschäft im Trade Kanal. Der ehemalige McKinsey-Berater Vogler leitet seit Anfang 2020 die Region Europa-West. Davor war er Leiter Strategie und Marketing bei Ledvance.
ElektroWirtschaft: Welche Rolle spielt der dreistufige Vertrieb für Ledvance und was tun Sie dafür?
Tobias Metsch: Der Elektrogroßhandel bleibt unser bevorzugter Weg in den Markt. Da wir als Vollsortimenter alles aus einer Hand anbieten, werden wir immer relevanter für Elektroinstallateure, Elektroplaner und gewerbliche Endanwender. Wir sehen es als unsere Aufgabe, dieses Netzwerk stärker zu bespielen – im Sinne einer Vorvermarktung für den Elektrogroßhandel. Damit können wir auch im Projektgeschäft weiteres Potential erschließen. Dabei ist es hilfreich, dass die Marke Ledvance inzwischen gut etabliert ist: Bei einer Umfrage zur Markenpräferenz im Herbst 2019 waren wir in Deutschland bei kleinen Handwerksbetrieben mit bis zu zehn Mitarbeitern die Nummer eins. Bei größeren Betrieben ist die Tendenz steigend. Wir investieren auch in unsere deutsche Vertriebs- und Marketingmannschaft und bauen sie in diesem Jahr weiter aus.
ElektroWirtschaft: Welche Strategien sehen Sie im Kampf gegen den Preisdruck im Lichtmarkt?
Oliver Vogler: Grundsätzlich setzen wir auf Produktsegmentierung und ein regional passendes Portfolio. In Deutschland bieten wir fast ausschließlich unsere „Superior“- und „Performance“-Segmente an. Ein wichtiger Wettbewerbsfaktor ist und bleibt die Beratungskompetenz. Hier kann der Elektrogroßhandel mit vielen top ausgebildeten Lichtexperten punkten. Gleichzeitig müssen wir Komplexität reduzieren. Dabei helfen wir als Komplettanbieter mit einfach zu installierenden Produkten vom Treiber bis hin zum kompletten System.
Tobias Metsch: Für den Elektrogroßhandel sehen wir auch die Chance, die in der zunehmenden Vernetzung der Gewerke Licht, Kommunikation, Sicherheit und Gebäudetechnik liegt. Hier wird die Kunst darin bestehen, für die Kunden Gesamtkonzepte zu entwickeln und Komplexität über die verschiedenen Themenfelder zu managen – und das nicht nur im Profi-Bereich mit im Gebäudemanagement integrierten Lichtsteuerungslösungen.
ElektroWirtschaft: Wieviel Potential sehen Sie für Licht im Smart Home?
Oliver Vogler: Wir glauben daran, dass der private Wohnbereich für den dreistufigen Vertriebsweg ein interessantes Wertschöpfungspotential bietet. Neben großen Wohnanlagen, die mit KNX oder DALI ausgestattet werden, sehen wir auch die normalen Häuslebauer als wichtige Zielgruppe. Hier können kleinere Elektroinstallationsbetriebe mit Beratung überzeugen und passende Smart-Home-Systeme anbieten. Auch hier geht es um die Integration mehrerer Gewerke und um Komplexitätsreduzierung mit einfach zu installierenden Lösungen. Aus diesem Grund arbeiten wir jetzt zum Beispiel als integrierter Partner direkt mit Google zusammen. Gemeinsam stellen wir nicht nur für Licht, sondern auch für „non-lighting Smart Home“-Produkte ein Angebot auf die Beine. Und wir wissen, dass Google Nest auch für Elektrogroßhändler ein spannendes Thema ist. Darüber hinaus präsentieren wir weiter unsere Bluetooth- und Zigbee-Produkte, die sich mit allen gängigen Smart-Speakern – von Apple, Amazon und Google – per Stimme steuern lassen.
ElektroWirtschaft: Wie sind Sie in puncto Digitalisierung aufgestellt?
Tobias Metsch: Wir sind schon stark aufgestellt bezüglich Produktportfolio, Tool-Kits, Marketing und Distribution. Unsere Kommunikation im Bereich Social Media bauen wir weiter aus. Auf Linkedin platzieren wir beispielsweise nicht einfach nur Werbebotschaften, sondern sind ein ernsthafter Teil der Community und treten in einen echten Dialog. Ich treffe dort immer mehr Ansprechpartner, sehe spannende Inhalte und Trends. Um unsere Partner im Elektrogroßhandel zu unterstützen, machen wir gerade ein Projekt mit Pricewaterhouse Coopers (PwC) und der SRH Hochschule Berlin. Da geht es um digitale Trends aus der Großhandelsperspektive. Unsere Umfrage wurde Anfang Februar angekündigt. Auf der Light + Building wollen wir über erste Ergebnisse berichten.
ElektroWirtschaft: Inzwischen sind viele Hersteller auf den „HCL-Zug“ aufgesprungen. Was können Sie da auf der Light + Building noch Neues zeigen?
Tobias Metsch: Für echtes HCL reichen nicht einfach nur Tunable-White-Leuchten ohne entsprechende Steuerung und Lichtplanung. Deshalb bieten wir jetzt ein komplettes „Biolux Human Centric Lighting System“ an, das wir auf der Light + Building vorstellen. Der Elektroinstallateur kann das System mit einer Konfigurations-App ganz einfach einrichten. Über unsere intelligente „Biolux Control Unit“ kann der Nutzer das Licht unserer Panels und/oder Downlights an unterschiedliche Arbeitsbedingungen anpassen und fünf Modi ermöglichen dabei eine feine Abstufung. Sie simulieren bei Bedarf den natürlichen Tageslichtverlauf für das Bearbeiten regulärer Aufgaben (Natural), erzeugen spezielles Licht zur Konzentrations- und Leistungssteigerung (Boost und Focus), fördern Kreativität in Brainstorming-Sessions (Create) oder sorgen für entspannendes Licht in Pausen (Relax).
Eins ist mir noch wichtig: Es reden zwar viele von HCL, aber es gibt bisher keine Überprüfung der Produkte durch eine unabhängige Instanz. Deswegen begrüßen wir die Initiative des VDE, der eine HCL-Zertifizierung auf der Light + Building vorstellen wird.
Oliver Vogler: Im Mittelpunkt stehen für uns die Produktivität, Lebensqualität und Gesundheit der Menschen. Wir verwenden bei Lichtfarbe und -intensität vordefinierte Kurven, um den menschlichen Biorhythmus zu unterstützten. Entscheidend ist, dass auch die anregenden Modi nicht die Schlafqualität in der Nacht beeinträchtigen. Erste Pilotprojekte in den Anwendungen Ausbildung/Training sowie im Office haben wir akquiriert und wir freuen uns darüber, dass unsere „Biolux Control Unit“ für den German Innovation Award nominiert ist.
ElektroWirtschaft: Wie wird sich der Lichtmarkt weiterentwickeln und welche Ziele und Visionen haben Sie?
Oliver Vogler: In den letzten Jahren wurde im Zuge der Umstellung auf LED leider viel Wert vernichtet und das bekommen alle Marktteilnehmer mehr oder weniger schmerzlich zu spüren. Aber wir sollten uns nicht im Preiskampf geschlagen geben, sondern zur Wertsteigerung beitragen – auch indem wir dafür sorgen, dass gutes Licht den Menschen mehr wert ist. Als führendes Unternehmen für nachhaltige Lichtlösungen ist es unser Anliegen, Produktivität, Gesundheit und das Wohlbefinden für jedermann zu steigern. Wir sehen nach „Work-Life-Balance“ einen Megatrend hin zur „Work-Health-Balance“ – auch im privaten Bereich und insgesamt auf einem höheren Preisniveau, wenn beispielsweise ein den gesunden Schlaf förderndes Licht zum Lifestyle-Produkt wird. Gutes Licht für jedermann ist unsere langfristige Vision. Unser Ziel für Ende 2020 haben wir bereits kommuniziert und dazu stehen wir: Wir wollen in Europa zu den größten fünf Leuchtenherstellern gehören.
ElektroWirtschaft: Was sind Ihre Highlights auf der Light + Building?
Oliver Vogler: Wir zeigen vernetzte Beleuchtung, Human Centric Lighting und Leuchten für professionelle Anwendungen in Büro, Industrie, Shop, Hospitality sowie für Außenbereiche. Wichtig sind uns Produktneuheiten, die sich einfach an die jeweiligen Kundenanforderungen adaptieren lassen – sei es, dass wir Leuchten kundenspezifisch anpassen oder „smartifizieren“, das heißt, mit einem bestimmten Sensor oder Vorschaltgerät ausstatten. Dafür haben wir einen neuen Online-Konfigurator entwickelt.
Das ganze Interview steht in der März-Ausgabe der ElektroWirtschaft als eMagazin kostenfrei (nur noch für kurze Zeit) zur Verfügung. Alternativ auch als App für Apple und Android.