ElektroWirtschaft: Im Juni 2019 sind Sie als Geschäftsführer Vertrieb International bei OBO Bettermann eingestiegen. Was waren für Sie die Gründe für Ihren Einstieg bzw. Ihre Rückkehr zu OBO?
Michael Büenfeld: Selbst am OBO-Stammsitz in Menden geboren, war das Unternehmen OBO Bettermann durch diese heimatliche Verbundenheit, wie auch durch meinen Berufseinstieg, stets präsent. So startete ich nach meinem Studium 1995 bei OBO im Beteiligungscontrolling und war anschließend leitend im Vertrieb Export für den Aufbau der Auslandstochtergesellschaften verantwortlich. In meiner darauffolgenden geschäftlichen Tätigkeit für zwei deutsche, global agierende und familiengeführte Markenunternehmen war der internationale Vertrieb stets Schwerpunkt meiner beruflichen Arbeit. Ich habe also die Zeit genutzt, mein Erfahrungsspektrum zu erweitern, bevor ich im Juni 2019 zurückgekehrt bin. Angesichts der positiven Entwicklung im Unternehmen haben die OBO-Exportaktivitäten rund um den Globus eine immer größere Bedeutung für die gesamte Unternehmensgruppe eingenommen. Wirtschaftliche Rahmenbedingungen machen unsere internationalen Geschäfte komplexer und anspruchsvoller. So ergab es sich, dass der OBO-Verwaltungsrat beschlossen hat, in der Holding die neue Geschäftsführerposition zur Sicherung und langfristigen Stärkung und zum Ausbau der weltweiten Aktivitäten zu etablieren. Heute bin ich für den gesamten Vertrieb, inklusive des deutschen Marktes, und das Marketing verantwortlich. Es gibt viel zu tun und wir haben gemeinsam das Ziel, diese zahlreichen Aufgaben anzugehen und OBO noch erfolgreicher zu machen.
ElektroWirtschaft: Welches Fazit ziehen Sie für das Jahr 2019? Was waren die Meilensteine?
Michael Büenfeld: 2019 war ein sehr gutes Jahr, das dürfen wir so sagen. Es war das erfolgreichste der Unternehmensgeschichte. Dafür bedanke ich mich im Namen der gesamten OBO-Mannschaft bei unseren Kunden und Partnern. Wir sind auf einem starken Wachstumsweg. Dazu zählt auch der Zukauf von Rehau Cable Management by OBO. In 2019 haben wir nochmal an Tempo zugelegt, an dieser Stelle gebührt auch unserem großartigen Team ein Dankeschön.
ElektroWirtschaft: Welche Bedeutung hat für Sie der dreistufige Vertriebsweg? Wie muss sich die Branche bei zunehmender Digitalisierung organisieren, um für die Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben?
Michael Büenfeld: Der dreistufige Vertriebsweg hat ganz klar heute und auch in Zukunft seine Berechtigung. Eine optimierte Logistik, gepaart mit hoher Verfügbarkeit, ein guter Service und eine funktionierende Vertriebskette sind in den Augen unserer gemeinsamen Kunden sehr relevante Argumente. Wie wir wissen, ändern sich über alle Branchen hinweg die Anforderungen und damit auch die Kundenbedürfnisse. Wir müssen einen zeitgerechten Marktzugang finden, gerade wenn ich an die heranwachsende Generation Y denke. Die jungen Leute nutzen ganz selbstverständlich Apps, die nahezu alle Informationsbedarfe bedienen. Sie sind gefühlt den ganzen Tag online. Da gilt es natürlich auch, den dreistufigen Vertriebsweg zu digitalisieren. Wir Hersteller müssen die bewährten Prozesse und Abläufe mit unseren Vertriebspartnern aus Handel und Handwerk gemeinsam überdenken und an eine zeitgemäße Architektur anpassen. Eine Lösung ist ELBRIDGE, eine Wortschöpfung aus „elektronisch und Brücke“, sie beschreibt die standardisierte Einbettung von Hersteller-Konfiguratoren in den Großhandelsshop. Die bisherige Version 1.0 sieht vor, dass der Handwerker im Großhandelsshop angemeldet ist und von dort den benötigten Konfigurator des Herstellers aufruft. Auch ELBRIDGE 2.0 ist in der Entwicklung bereits weit fortgeschritten. Hier wird ein weiteres Anwendungsszenario ergänzt: Der Handwerker ruft den Konfigurator direkt über die Hersteller-Website auf und übernimmt die Konfiguration anschließend in den gewünschten Großhandelsshop. Ich bin mit meiner Meinung nicht allein, wenn ich Ihnen sage, dass ELBRIDGE verstärkt vom Handwerk genutzt werden sollte. Es ist mir ein großes Anliegen, darauf hinzuweisen und dieses Werkzeug im täglichen Gebrauch zu etablieren. Gemeinsam mit dem Großhandel schaffen wir das. Das setzt voraus, dass der automatische Datenaustausch mit Hilfe von Webservices realisiert werden kann, nur so ist das Leitbild „Seamless Customer Experience“, sprich die übergangslose Kundenbestellerfahrung, realisierbar. Schließlich muss es dem Kunden in der Elektrobranche möglich sein, trotz der mehrstufigen Vertriebskette einen transparenten und unterbrechungsfreien Informations- und Kaufablauf zu erleben, egal ob er von der Hersteller- oder von der Großhandelsseite in den Prozess einsteigt. Nur so ist die digitale Wettbewerbsfähigkeit des dreistufigen Vertriebs auch in der Zukunft gewährleistet.
ElektroWirtschaft: Sie haben im vergangenen Jahr den Geschäftsbereich Cable Management von Rehau übernommen. Welchen Stellenwert hat der Kauf für Ihre Kernkompetenz?
Michael Büenfeld: Die Übernahme des Cable Managements der Unternehmensgruppe Rehau zum 1. Februar 2020 bedeutet für OBO die klare Erweiterung unseres Produktportfolios. Wir können dadurch marktspezifische Segmente besser bedienen als bisher und ermöglichen eine nähere Spezialisierung und eine Stärkung der internationalen Märkte. Das breite Spektrum der Leitungsführungs-Systeme von OBO wird landesspezifisch ergänzt mit Rehau-Produkten aus den Bereichen Leitungsführungs-, Sockelleisten- und Verdrahtungskanäle. Dazu finden unsere Kunden auch eine Erweiterung im Bereich der Installationssäulen und umfangreiches Zubehör für Kanalsysteme. Die Produktionseinheiten werden nach Menden verlagert. Wir garantieren dem Kunden natürlich alle Produkte in bewährter Qualität.
ElektroWirtschaft: Im September 2019 haben Sie zudem ein neues Vertriebslager in Groß-Rohrheim eröffnet. Welche Bedeutung hat der neue Logistikstandort für Sie?
Michael Büenfeld: Nachdem Anfang 2017 bereits der Vertrieb Deutschland zu einer selbstständigen Tochtergesellschaft geworden ist und das Zentrallager in Iserlohn-Sümmern eröffnet wurde, haben noch weitere Veränderungen in der OBO-Logistik stattgefunden. Aufgrund des Marktwachstums in Deutschland wurde das Vertriebslager in Mannheim zu klein. Mit dem neuen Logistikstandort in Groß-Rohrheim haben wir es abgelöst, die gesamte Logistik und Lagerverfügbarkeit um 30 Prozent gesteigert. OBO hat mit dem neuen Lager einen Standort gewonnen, von dem aus alle Wirtschaftszentren im südwestlichen Raum Deutschlands, wie zum Beispiel Frankfurt, Stuttgart und Freiburg, verkehrsgünstig zu erreichen sind.
ElektroWirtschaft: Warum wird die Internationalisierung für Sie immer wichtiger? Welche Märkte sind zurzeit besonders interessant?
Michael Büenfeld: Mit mehr als 40 Tochtergesellschaften, darunter acht Produktionsstandorte, die neben Deutschland und Ungarn, Russland, den Niederlanden, Nordamerika, Großbritannien, Indien und Südafrika zu finden sind, ist OBO global stark aufgestellt. Mit einem Team von knapp 4 300 Kolleginnen und Kollegen wachsen wir kontinuierlich weltweit. Märkte, die für uns über Potential verfügen sind Asien, Australien und Südamerika. Zu unserer internationalen Strategie zählt auch die Intensivierung unseres Geschäftes im nordamerikanischen Markt. Durch den Umzug in ein noch größeres Verwaltungs- und Produktionszentrum und einer Ausweitung der dortigen Logistikstandorte sowie einer Aufstockung des Vertriebsteams sind wir gut für die Zukunft gerüstet und erwarten ein nachhaltiges Wachstum.
ElektroWirtschaft: Vor zwei Jahren haben Sie Ihre digitalen Prozesse in eine eigenständige Business Unit nach Köln ausgelagert, um damit die Aktivitäten im Bereich der digitalen Transformation zu stärken. Wie wichtig war dieser Schritt?
Michael Büenfeld: Wie sich nach nun zwei Jahren gezeigt hat, sehr wichtig. Wir sind in Köln am Puls der Zeit. Das Team wächst. Hier verantworten die Kollegen u. a. den Ausbau von OBO Construct, unseren digitalen Konfigurations- und Planungstools für den richtigen Einsatz von OBO-Produkten auf der Baustelle. Darüber hinaus steht die Betreuung und Weiterentwicklung der internationalen Webseiten der gesamten Gruppe auf dem Plan. Ein wichtiger Bestandteil ist auch die ständige Erweiterung und Optimierung unserer internationalen Online-Produktkataloge je Vertriebsgesellschaft. Weiterhin lenkt das Team sämtliche Social-Media-Aktivitäten und koordiniert so das Customer-Relationship-Management.
ElektroWirtschaft: Die digitalen Märkte und vor allem die Kundenbedürfnisse verändern sich in einem hohen Tempo. Wie stellen Sie sich darauf ein?
Michael Büenfeld: Gebäude werden smarter, die Planung vom ersten Schritt an immer digitaler. Dann ist es doch nur logisch, dass schon vom ersten Tag der Gebäudeplanung an alle Daten und Prozesse digitalisiert sind. Grundlage hierfür bietet BIM – Building Information Modeling. Planer und Architekten erwarten die digitale Aufbereitung von Daten. Damit steht die nächste Herausforderung vor der Tür. Wir beschäftigen uns seit Jahren intensiv mit diesem Thema.
ElektroWirtschaft: Welche unternehmerischen Ziele peilen Sie für 2020 an? Sind weitere Zukäufe geplant?
Michael Büenfeld: Wir verfolgen ambitionierte Investitionen, die dem nationalen und internationalen Geschäftsausbau dienen. Dazu zählt natürlich auch der weitere Personalaufbau. Grundsätzlich kann ich sagen, dass wir stets daran interessiert sind, Unternehmen zu übernehmen, die zur OBO-Gruppe passen.
ElektroWirtschaft: Welche Erwartungen haben Sie an die kommende Light + Building?
Michael Büenfeld: Die Light + Building ist für uns, aber auch für die gesamte Branche, eine großartige Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen und uns einem breiten Publikum zu präsentieren. Wir haben unseren Messeauftritt nochmals erweitert und zeigen einen völlig neuen Messestand. OBO stellt in diesem Jahr drei neue Installationsbereiche vor: Wir teilen unsere sieben Produkteinheiten in die Themenfelder Industrieinstallationen, Gebäudeinstallationen und Schutzinstallationen ein. Damit haben wir es geschafft, unser sehr komplexes Produktspektrum noch benutzerfreundlicher einzuteilen und es für den Kunden noch verständlicher zu gestalten. Auch der Stand selbst wird sich dreiteilen. Wir freuen uns über zahlreiche Besucher und nehmen uns gerne die Zeit für nähere Erklärungen.
ElektroWirtschaft: Welche Bedeutung hat für Sie der Umzug von Halle 8 in die neu gebaute Halle 12?
Michael Büenfeld: Die neue Halle erfüllt alle Anforderungen an eine moderne Messehalle. Sie ist zeitgemäß und für alle Beteiligten, sprich Besucher und Aussteller, einladend. Wie sich bereits gezeigt hat, ist sie das neue Herzstück auf dem riesigen Messegelände. Die Positionierung unseres Standes ist optimal, der gewonnene Platz erlaubt es uns, ein Bühne einzurichten, auf der die ganze Woche über interessante Vorträge zu hören sein werden. Wir laden unsere Partner aus dem Großhandel und natürlich auch unsere Kunden und Anwender herzlich ein, unseren Stand, das neue Konzept und natürlich auch unsere Vorträge live zu erleben und freuen uns auf zahlreiche Besucher.