Der AMS-Vorstandsvorsitzende Alexander Everke strahlte bei einem Pressegespräch am Montag (16.9) große Zuversicht aus: “Wir kriegen sie”, sagte er bezogen auf die reduzierte Annahmeschwelle für sein Angebot an die Osram-Aktionäre. Der österreichische Sensorhersteller will die jetzt angepeilten 62,5 Prozent bis zum 1. Oktober erreichen. 38,50 Euro pro Aktie sind ein finanziell starkes Argument. Deshalb gibt es auch eine Empfehlung durch Osram – trotz “Bedenken zum vorgelegten Konzept”. Ob die konkurrierenden US-Finanzinvestoren Bain und Carlyle ihr Angebot von 35 Euro in den nächsten Wochen noch aufstocken können, ist fraglich.
Der global tätige Halbleiterspezialist AMS mit Sitz in der Steiermark präsentiert Investoren und Banken eine attraktive Vision: Durch die Integration der Osram-Bereiche Opto-Semiconductors und Automotive soll ein profitabel wachsender europäischer Photonik-Champion entstehen, der auf einzigartige Weise Lichterzeugung und Lichtsensorik verbindet. Die Kombination der Vertriebsmannschaften soll Synergien bringen, weltweite Fertigungskapazitäten könnten optimiert und völlig neue Anwendungsfelder generiert werden. Die starke Marke Osram will man weiter nutzen.
Wird Osram zerschlagen?
Sollte es der AMS AG tatsächlich gelingen, den fast dreimal so großen Osram-Konzern im ersten Halbjahr 2020 zu übernehmen (Closing), hätte das weitreichende Folgen für das Traditionsunternehmen: Die Aktivitäten der Business Unit Digital, die heute rund ein Viertel des Osram-Umsatzes ausmachen, werden von AMS nicht als strategisches Kerngeschäft gesehen. Sie sollen weitgehend an “einen guten Eigentümer” abgegeben werden, der bereit ist, zu investieren und Standortgarantien zu geben. Eine Liste regional gut verteilter möglicher Brancheninteressenten existiere bereits. An dieser Stelle betonte Everke, dass es auch hier – wie im Rahmen der gesamten Transaktion – keinen chinesischen Investor im Hintergrund gebe.
Neben dem Ausstieg aus intelligenten Lösungen für die Allgemeinbeleuchtung würde auch das LED-Portfolio reduziert: “General Lighting im low und medium power Bereich sehen wir im Rahmen unseres strategischen Ansatzes als nicht passend an. Das ist ein generell niedrigmargiges Geschäft, das wir auslaufen lassen werden”, erklärte Dr. Thomas Stockmeier, COO von AMS, beim Pressegespräch in München. Eine Massenfertigung von Standard-LED, die unter hohem Wettbewerbsdruck aus China stehen, hält er nicht für sinnvoll. Potenzial sieht er dagegen in der Kombination aus Lichtquellen und Sensoren in Gebäuden – nicht im Privatbereich sondern beispielsweise in der Industrie. “Digital wäre dann unser Kunde”, so Stockmeier. Während Regensburg als Schlüsselstandort gesehen wird, ist bei den Zentralfunktionen – vor allem in München, das zur “Co-Zentrale” würde – ein Abbau von einigen Hundert Mitarbeitern geplant.
Vehemente Kritik
Der angekündigte Personalabbau, die hohe Verschuldung und fehlende Integrationserfahrung von AMS bedrohen laut IG-Metall die Zukunft des Traditionsunternehmens Osram und die Sicherheit von Arbeitsplätzen. Deshalb sprachen sich die Arbeitnehmervertreter vehement gegen das Angebot von AMS aus. Sie bevorzugen, genauso wie der Osram-Vorstandsvorsitzende Dr. Olaf Berlien, die Pläne von Bain und Carlyle. Die amerikanischen Finanzinvestoren haben sich zur bestehenden Strategie bekannt und wollen bei der Transformation von Osram eng mit dem heutigen Vorstand zusammenzuarbeiten. Nach diesem Konzept würde Osram auch nach der Übernahme unter dem bestehenden Namen weitergeführt. Der Sitz der Gesellschaft bliebe in München und die Rechte an allen Patenten verblieben bei Osram. Ob diese Pläne noch eine Chance haben, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.
Autorin: Juliane Braun