Familienunternehmen rund um den Globus machen gute Geschäfte: 64 Prozent konnten ihren Umsatz in den vergangenen zwölf Monaten steigern, in Deutschland liegt die Quote mit 66 Prozent sogar noch darüber. Das geht aus dem „Global Family Business Survey 2016“ hervor, für den die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC mehr als 2.800 Unternehmen in 50 Ländern befragt hat.
Auch beim Blick in die Zukunft überwiegt der Optimismus. Mehr als drei Viertel der 102 befragten deutschen Familienunternehmen erwarten in den nächsten fünf Jahren ein konstantes, weitere sieben Prozent sogar ein „aggressives“ Wachstum. Unternehmen in anderen Ländern sind im Schnitt noch ambitionierter: 70 Prozent wollen konstant wachsen – und 15 Prozent mit hohem Tempo. Als größte Herausforderung sehen Unternehmenschefs weltweit derzeit das unsichere Marktumfeld.
Mängel bei der strategischen Planung
Während die kurzfristigen Risiken beherrschbar scheinen, werfen die Umfrageergebnisse jedoch die Frage auf, ob Familienunternehmen auch mittel- und langfristig gut aufgestellt sind. „Dieses Phänomen der ‚missing middle‘ stelle ich tatsächlich auch bei unseren deutschen Familienunternehmen fest“, sagt Dr. Peter Bartels, PwC-Vorstandsmitglied und Leiter Familienunternehmen und Mittelstand. „Es gibt eine klare langfristige – auf den Unternehmenserhalt gerichtete – Perspektive und schlagkräftige kurzfristige Maßnahmen. Aber dazwischen fehlt häufig eine gut strukturierte mittelfristige Vorgehensweise, die Strategie und Umsetzung verbindet.“ Obwohl die große Mehrheit für sich in Anspruch nimmt, langfristiger zu denken und zu agieren als Publikumskonzerne, offenbart der Family Business Survey bei den befragten Familienunternehmen Mängel bei der strategischen Planung. Dies zeigen insbesondere die Ergebnisse bei der Nachfolgeplanung und der Digitalisierung. Das ist riskant, warnt Peter Bartels: „Planungs- und Strategiedefizite können das Wachstum mittelfristig hemmen und in letzter Konsequenz sogar den Fortbestand des Unternehmens gefährden“, warnt er.
Nachfolge: Die meisten haben kein Konzept
Dabei ist der Fortbestand für Familienunternehmen unverändert das zentrale Ziel: Neun von zehn Befragten halten dies für „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Besonders wichtig sei dabei die Nachfolgeplanung, da Probleme in diesem Bereich das größte Einzelrisiko seien. Dennoch zeigt die Studie: Gerade mal 25 Prozent der deutschen Familienbetriebe haben dazu ein detailliertes Konzept entwickelt und kommuniziert. Der Anteil bleibt damit auf niedrigem Niveau und ging zuletzt sogar leicht zurück (2014: 28 Prozent).
Zwar liegen die Deutschen damit im internationalen Vergleich immer noch vorne – in Nordamerika zum Beispiel hat nur jeder fünfte Familienbetrieb eine konkrete Nachfolgeplanung. „Da in Deutschland besonders viele große Unternehmen an der Umfrage teilgenommen haben, ist das Ergebnis jedoch alles andere als beruhigend“, sagt Bartels.
Digitalisierung: Die nächste Generation ist gefragt
Darüber hinaus lassen die Studienergebnisse den Rückschluss zu, dass vielen Familienunternehmen noch nicht bewusst ist, in welchem Ausmaß die Digitalisierung Märkte und Branchen verändert. So halten lediglich zwölf Prozent der deutschen Befragten ihr Unternehmen für „angreifbar“. Weltweit ist es ein Viertel.
Entsprechend liegen „Digitalisierung und neue Technologien“ hierzulande nur auf Platz Vier der Top-Herausforderungen in den nächsten fünf Jahren – hinter dem Fachkräftemangel, der Innovationskraft und dem Wettbewerb. Für mangelndes Risikobewusstsein spricht zudem, dass zwei Drittel der Befragten glauben, ihr Unternehmen sei vor Cyberangriffen sicher (weltweit: 45 Prozent).
„Die Zahlen zeigen, dass viele Verantwortliche die disruptive Wirkung der Digitalisierung unterschätzen“, sagt Dr. Dominik von Au, PwC-Partner und Geschäftsführer der INTES-Akademie für Familienunternehmen. Hier könne die nächste Generation, deren Mitglieder meist wesentlich vertrauter mit digitalen Themen sind, eine entscheidende Rolle spielen. „Unternehmer sollten ihnen deshalb zuhören und sie zu Treibern der digitalen Transformation machen“, rät von Au. Dazu sei aber eine intensivere Zusammenarbeit über Hierarchiegrenzen hinweg nötig – und zwar nicht nur innerhalb der Familie.
Betriebe werden professioneller und internationaler
Fortschritte verzeichnen Familienunternehmen bei der Professionalisierung. So holen sie immer häufiger Profis von außen: Der Anteil der familienfremden Geschäftsführer liegt inzwischen bei 68 Prozent. 2012 waren es erst 60 Prozent. Zudem setzt die Unternehmerfamilie verstärkt Family-Governance-Instrumente ein – beispielsweise Konfliktlösungsmechanismen, Familienverfassungen oder Notfallpläne.
Quelle: Global Family Business Survey 2016, November 2016