Das Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes, das im Bundeskabinett verabschiedet wurde, schlägt Wellen. Zwar halten Verbände wie der BDEW oder der BEE eine Weiterentwicklung grundsätzlich für sinnvoll, sie mahnen aber deutliche Verbesserungen an.
Hildegard Müller, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft), stellte fest: "Das Bundeskabinett hat sich heute mit zentralen Fragen der Energiewende befasst. Mit Blick auf das Strommarktgesetz hätten wir mehr grundsätzliche Weichenstellungen erwartet, um den Energy-Only-Markt zu ertüchtigen. Beim Digitalisierungsgesetz wurden immerhin wichtige Forderungen und Empfehlungen der Branche aufgegriffen. Es bleiben jedoch auch hier weiterhin zentrale Fragen offen, wodurch die Umsetzbarkeit des gesamten Gesetzes fragwürdig erscheint. Von einem energiepolitischen Durchbruch sind wir auch nach dieser Kabinettssitzung noch weit entfernt.
Die Bundesregierung bewegt sich auf einem schmalen Grat: Sie will den Strommarkt durch das freie Spiel von Angebot und Nachfrage so ertüchtigen, dass auch für Extremsituationen ausreichend Kraftwerke und Speicher zur Sicherung der Versorgung gebaut werden und die Kunden ihren Verbrauch aktiv managen. Gleichzeitig beinhaltet das heute verabschiedete Strommarktgesetz jedoch wettbewerbsschädliche Elemente: So soll außerhalb des Marktes in Süddeutschland der Bau neuer Kraftwerke angereizt werden, damit diese als Reservekapazitäten für Versorgungsengpässe zur Verfügung stehen. Hinzu kommt die faktische Aufhebung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf von 2015, nach der die Kraftwerksbetreiber für die Bereitstellung von Reservekapazitäten eine Kompensation erhalten. Derartige Richtungsänderungen erschüttern das Vertrauen der Marktteilnehmer und hemmen deren Planungssicherheit und Investitionsbereitschaft."
Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) kritisierte: „Wir sehen keine Notwendigkeit für eine Digitalisierungspflicht von kleinen dezentralen Stromerzeugern wie Solarstromanlagen. Es sollte beim Einbau von sogenannten Smart Metern um Wirtschaftlichkeit, Datenschutz und technische Sicherheit gehen und weniger darum, möglichst viele teure Zähler zu installieren.
Dr. Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) erklärte: „Auf dem Weg zu einem gut funktionierenden Strommarkt 2.0 fehlen dem BEE nach wie vor im Strommarktgesetz einige gute Ansätze, die im Weißbuch noch verankert waren. Dazu zählen im Wesentlichen konkrete Maßnahmen zur Flexibilisierung der Strommärkte sowie eine bessere Verbindung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr. Vor allem auf eine stärkere Flexibiliisierung der Regelenergie weist der BEE nochmals hin. Wir haben Zweifel daran, ob das Strommarktgesetz für die Flexibilisierung der Regelenergiemärkte genügend Wirkung entfalten kann. Zudem gehört zu einem weiterentwickelten Strommarkt auch ein funktionierender Grünstrommarkt.
Für die Umstrukturierung der Geschäftsprozesse sowie die Entwicklung der erforderlichen IT-Infrastruktur für die Digitalisierung im Energiemarkt hat das Bundeswirtschaftsministerium Vorschläge gemacht, die nicht alle Gesichtspunkte berücksichtigen und sich deshalb negativ auf das System auswirken werden. Der BEE kritisiert die unzureichende Vorbereitung des an sich hochkomplexen Unterfangens. Erst jahrelang verzögert, winkt die Bundesregierung nun in Windeseile einen Gesetzesentwurf durch, der für Wirtschaft und Bürger richtig teuer wird und einige Kernfragen offen lässt. Es ist weder geklärt, was für eine sichere und gute Kommunkationsarchitektur überhaupt benötigt wird noch welche Technik sich dafür eignet."
Quelle: BDEW / BSW-Solar / BEE