Große Stromverbraucher, wie zum Beispiel Chemiefabriken und Stahlwerke, werden direkt an die Hochspannungsebene (110 kV) des Netzes angeschlossen. Das Gleiche gilt für einige Erzeugungsanlagen, wie zum Beispiel große Wind- und Photovoltaikparks, Heizkraftwerke oder Pumpspeicher. In den zurückliegenden zehn Jahren ist die in der Hochspannungsebene installierte Leistung von 20 auf über 75 Gigawatt gestiegen. Ein Gigawatt entspricht dabei etwa der Leistung eines Atomkraftwerks. Maßgeblicher Treiber für diesen Zuwachs sind neu angeschlossene Erneuerbare-Energieanlagen. Die bisherigen Technischen Anschlussbedingungen für die Hochspannung sind acht bis zehn Jahre alt (Richtlinie für EEG-Erzeugungsanlagen am Hoch- und Höchstspannungsnetz 2004, Transmission Code 2007). Um weiter einen sicheren Systembetrieb zu gewährleisten, haben die Experten des Forums Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (VDE|FNN), die Technischen Anschlussbedingungen überarbeitet und die VDE-Anwendungsregel "Technische Bedingungen für den Anschluss und Betrieb von Kundenanlagen an das Hochspannungsnetz" (VDE-AR-N 4120) herausgegeben.
Die größten Neuerungen beziehen sich auf die technischen Anforderungen an Erzeugungsanlagen. Neu sind:
– Erweiterte Anforderungen an die statische Spannungshaltung: Darunter ist eine Blindleistungseinspeisung für langsame Spannungsänderungen zu verstehen. Die Anlagen müssen hierfür in Zukunft vier Verfahren zur Blindleistungsbereitstellung beherrschen. Das erhöht die Optionen für die Integration der Anlage in die jeweilige Netzsituation.
– Überarbeitete Anforderungen an die dynamische Netzstützung: deutliche Verbesserung des Verhaltens der Erzeugungsanlagen bei Netzfehlern.
– Ergänzt und konkretisiert die Verfahren, mit denen Hersteller, Anlagen- und Netzbetreiber die Einhaltung der Anforderungen nachweisen und prüfen können.
Von der Anwendungsregel profitieren in erster Linie Betreiber, Errichter und Planer von Anlagen am Hochspannungsnetz. Netzbetreiber profitieren, da Anlagen, die nach den neuen Regeln angeschlossen sind, stärker zur Stabilität des Gesamtsystems beitragen werden. Die neuen Technischen Anschlussbedingungen sind Teil der Aktivitäten von VDE|FNN, für einen jederzeit sicheren Systembetrieb bei steigender Aufnahme an erneuerbaren Energien zu sorgen. Neue Erzeugungsanlagen müssen die Anforderungen der Anwendungsregel spätestens nach einer Übergangfrist von zwei Jahren, also ab dem 1. Januar 2017, erfüllen. Neben der VDE-AR-N 4120 für die Hochspannung sind weitere Anwendungsregeln für die Höchstspannung, Mittelspannung und Niederspannung geplant bzw. in Arbeit. Diese werden zukünftig einheitlich als Technische Anschlussregeln (TAR) bezeichnet.
Die Anwendungsregel VDE-AR-N 4120 ist Teil des VDE-Vorschriftenwerks und über den VDE-Verlag erhältlich: www.vde-verlag.de” _blanc
Quelle: VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V.