Europäisches Parlament beschließt Reduzierung des Plastiktütenverbrauchs in Europa – Deutsche Umwelthilfe fordert Plastiktütenabgabe in Höhe von 22 Cent für Deutschland
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) begrüßt den gemeinsamen Willen der EU-Kommission und des EU-Parlaments, den Verbrauch von Einweg-Plastiktüten europaweit zu verringern. Mit dem am 16. April 2014 durch das Parlament angenommenen Richtlinienentwurf fordert die EU ihre Mitgliedsstaaten unmissverständlich dazu auf, mit Maßnahmen gegen den verschwenderischen Umgang mit Ressourcen für kurzlebige Plastiktüten zu beginnen.
"Die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks sollte das starke politische Signal aus Straßburg ernst nehmen und den massenhaften Verbrauch von jährlich über 6,1 Milliarden Plastiktüten in Deutschland stoppen. Eine bundesweite Plastiktütenabgabe in Höhe von 22 Cent ist deshalb zwingend erforderlich", sagt der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
In Irland reduzierte die Einführung der Abgabe den Plastiktütenverbrauch von 328 auf heute nur noch 16 Stück pro Kopf.
Das Europäische Parlament hatte beschlossen, den Plastiktütenverbrauch in den EU-Mitgliedstaaten innerhalb von drei Jahren um 50 Prozent zu verringern. Nach fünf Jahren soll der Verbrauch um 80 Prozent gesunken sein. Die DUH kritisiert, dass diese Reduktionsziele für Deutschland unbedeutend sind und den Konsum der Einwegtüten nicht verändern werden. Sie beziehen sich auf den europäischen Durchschnitt von 198 verbrauchten Plastiktüten pro Kopf und Jahr.
In Deutschland jedoch verbraucht jeder Bürger 71 Plastiktüten jährlich. Eine Verringerung um 50 Prozent hätte folglich, gemessen am europäischen Durchschnitt, keine Relevanz. Die DUH fordert deshalb die Bundesregierung auf, nicht europäischen Mindestzielen ohne Bedeutung für Deutschland zu folgen, sondern die Verringerung des Plastiktütenkonsums selbst in die Hand nehmen.
Thomas Fischer, Leiter für Kreislaufwirtschaft bei der DUH kritisiert einen weiteren Schwachpunkt des EU-Parlamentsbeschlusses: "Die geplanten Maßnahmen beziehen sich nur auf besonders dünnwandige Plastiktüten mit einer Wandstärke unter 50 Mikrometern. Wenn Hersteller diese Regelung umgehen wollen, müssen sie ihre Tüten nur ein wenig dicker machen, um Abgaben oder Verboten zu entgehen."
Auch die vom EU-Parlament beschlossene Bezahlpflicht für dünne Plastiktüten ist nach Auffassung der DUH nicht ausreichend, da sie sich auf den Lebensmitteleinzelhandel beschränkt.
"Ein Großteil der in Deutschland verbrauchten Plastiktüten wird kostenlos im Einzelhandel, zum Beispiel in Kaufhäusern oder Textilgeschäften, herausgegeben. Daran würde sich durch die eingeschränkte Bezahlpflicht nichts ändern", so Fischer weiter. Für falsch hält die DUH den Entschluss, dass biologisch abbaubare Plastiktüten in Zukunft nur halb so viel kosten sollen wie nicht abbaubare Plastiktüten sowie die Tatsache, dass besonders dünne Obstbeutel innerhalb von fünf Jahren nur noch aus kompostierbarem Kunststoff oder Papier bestehen dürfen.
"Die Bevorteilung biologisch abbaubarer Plastiktüten ist ein Skandal. Große Chemieunternehmen haben erfolgreich Lobbyarbeit geleistet, um sich die Taschen mit Geld zu füllen. Biologisch abbaubare Tüten helfen der Umwelt nicht. Im Gegenteil: Sie bereiten Kompostierungsanlagen große Probleme und werden regelmäßig nicht biologisch abgebaut, sondern vorher aussortiert und verbrannt", so Jürgen Resch.
Er betont, dass diese Tüten sich in der Natur und in Gewässern ähnlich langsam wie normale Kunststofftüten zersetzen. Folglich bedeutet der Austausch herkömmlicher durch biologisch abbaubare Plastiktüten lediglich, ein Wegwerfprodukt durch ein anderes zu ersetzen. Resch fordert deshalb, die Ausnahmeregelungen und die Bevorteilung von biologisch abbaubaren Plastiktüten zu streichen.
Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH)