„Die neue EU-Kommission setzt erste Zeichen hinsichtlich Bürokratieentlastung und Transformations-Boost“, zeigt sich ZVEI-Geschäftsführerin Sarah Bäumchen vorsichtig optimistisch anlässlich der heutigen Vorstellung des Clean Industrial Deal (CID), des Omnibus-Gesetzesvorhabens zur Nachhaltigkeit sowie des CBAM-Vereinfachungspakets. „Europa schickt sich an, endlich seine Hausaufgaben in Sachen Wettbewerbsfähigkeit zu machen. Dabei braucht es aber noch mehr Entschlossenheit und Tempo.“
CID kann Elektrifizierung zusätzlichen Schub geben
Der Clean Industrial Deal mit dem beigestellten Aktionsplan für bezahlbare Energie greift wesentliche Punkte auf, die Grundlage für einen starken Industriestandort Europa und eine erfolgreiche Transformation zur Klimaneutralität sind: Die Förderung der Elektrifizierung sowie den Ausbau der Netzinfrastruktur und der erneuerbaren Energien in Europa. „Außerdem ist der von der EU-Kommission vorgeschlagene Schritt, die Stromsteuer in allen Mitgliedstaaten auf EU-Mindestmaß abzusenken, so richtig wie überfällig. Die hohen Strompreise in Deutschland und Europa sind ein erhebliches Hemmnis für die Energiewende und für Investitionen aus dem Ausland“, sagt Bäumchen. Das gelte insbesondere für Deutschland: Eine Absenkung für alle Verbrauchergruppen werde Strom im Vergleich zu anderen Energieträgern attraktiver machen und wichtige Anreize für den Umstieg auf strombasierte Technologien liefern. Gleichzeitig müsse dafür die überfällige Modernisierung und Digitalisierung der Netzinfrastruktur vorangetrieben werden. Nur so ließen sich die erneuerbaren Energien optimal integrieren, die Kosten für den Umbau des Energiesystems langfristig dämpfen und die spezifischen Stromkosten für Verbraucherinnen und Verbraucher senken.
Nachhaltigkeits-Omnibus lässt Chance für großes Entlastungspaket aus
„Die Entlastungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung, wie die Anhebung der Schwelle berichtspflichtiger Unternehmen, sind dringend nötig, um gerade kleine und mittlere Unternehmen in Europa zu entlasten und ihnen wieder mehr Raum für Innovation zu geben“, sagt Bäumchen. Allerdings gehe es weiterhin nur in Tippelschritten voran: Was für den großen Sprung noch fehlt, ist eine deutliche Reduzierung der Datenpunkte. Nur so können die Ziele der CSRD wirklich praxistauglich umgesetzt werden.
Ein etwas besseres Bild zeigt sich bei der EU-Lieferkettenrichtlinie. Der ZVEI sieht die Fokussierung auf direkte Lieferanten (Tier1) bei der Überprüfung der Lieferketten positiv. „Allerdings lässt die EU-Kommission die Chance ungenutzt, die Unternehmen mit White und Black Lists für Lieferanten noch deutlich wirksamer zu entlasten“, moniert Bäumchen. „Die temporäre Aussetzung muss nun genutzt werden, um weitere dringend notwendige Vereinfachung wie diese umzusetzen.“
CBAM muss vollständig auf den Prüfstand
Das Vereinfachungspaket zum Europäischen CO2-Grenzausgleichsmechanismus sieht die Anhebung der Schwellenwerte und angepasste Berichtsverfahren vor. Das sind zwar Schritte in die richtige Richtung. Jedoch gehen diese noch immer am eigentlichen Kern vorbei: dem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen durch den CBAM. Mit dem verpflichtenden Erwerb von CBAM-Zertifikaten werden ab 2026 die Produktionskosten in Europa erheblich gegenüber dem außereuropäischen Ausland steigen. „Europäische Unternehmen würden damit auf dem heimischen Markt genauso wie auf dem Weltmarkt benachteiligt“, erläutert Bäumchen. Daher müsse dringend das gesamte Instrument auf den Prüfstand.