Datenschutz in Deutschland: Unternehmen fordern politische Reformen

Laut einer repräsentativen Umfrage des Digitalsverbandes Bitkom müssen deutsche Unternehmen künftig noch größere Anstrengen im Bereich Datensschutz unternehmen. 63 Prozent der Unternehmen berichten hier von steigendem Aufwand. 94 Prozent empfinden diesen als zu hoch. Zugleich sind in rund zwei Drittel (63 Prozent) der deutschen Unternehmen innovative Projekte aufgrund von Datenschutz-Vorgaben in den vergangenen zwölf Monaten gescheitert oder gar nicht erst angegangen worden, was 70 Prozent als Hindernis für die Digitalisierung in Deutschland ansehen. „Der Schutz persönlicher Daten gehört unverrückbar zu unserem Wertesystem und unserer Demokratie in Deutschland und Europa. Bei der Umsetzung und Auslegung müssen wir aber nachsteuern, damit der Datenschutz praxistauglich bleibt“, kommentiert Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung. Sie fordert “dringend mehr Klarheit, Nachvollziehbarkeit und Einheitlichkeit. Das wäre ein Förderprogramm für die Unternehmen, das kein Geld benötigt, sondern nur politischen Willen.“

DS-GVO: Umsetzung weit fortgeschritten, aber die Sorgen bleiben

Obwohl 70 Prozent der Unternehmen die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) entweder vollständig oder größtenteils umgesetzt haben, bleibt die Unzufriedenheit mit den Vorgaben hoch. Dies liege vor allem an Rechtsunsicherheit und den hohen Anforderungen, die das tägliche Geschäft erschweren. Laut Studie klagen 76 Prozent der Befragten über Rechtsunsicherheit während 61 Prozent die Anforderungen grundsätzlich als zu hoch einstufen. Dehmel merkt dazu an: „Die DS-GVO muss gelockert werden, um praxistauglicher zu werden. Wir benötigen klare und nachvollziehbare Regeln.“

Der hohe Aufwand liegt auch daran, dass die Umsetzung in 84 Prozent der Unternehmen als nie vollständig abgeschlossen gilt. 80 Prozent beklagen, dass das Ausrollen neuer Tools immer neue Datenschutz-Prüfungen in Gang setzt. Hinzukommen zeitintensive IT- und Systemumstellungen, Schwierigkeiten in der Vermittlung von Informationen an die Beschäftigten und fehlende finanzielle Ressourcen bzw. qualifizierten Beschäftigten.

Künstliche Intelligenz als möglicher Lösung?

Angesichts des hohen Aufwands im Datenschutz ziehen fast die Hälfte der Unternehmen (48 Prozent) den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Unterstützung in Betracht. Die Tools reichen von Chatbots zur schnellen Klärung von Datenschutzfragen bis hin zur automatisierten Anonymisierung von Daten. Gleichzeitig warnen jedoch 68 Prozent der Befragten, dass der Einsatz von KI neue Herausforderungen für den Datenschutz mit sich bringen wird.„Künstliche Intelligenz kann einen Beitrag zur Lösung aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen leisten. Wir müssen den Datenschutz so ausgestalten, dass er persönliche Daten vor unberechtigtem Zugriff von KI-Modellen schützt, zugleich aber die Entwicklung und Nutzung von KI in Deutschland und Europa fördert“, so Dehmel.

Forderung beim Reformbedarf im Bereich Datenschutz-Aufsicht

Die Umfrage zeigt auch, dass es einen dringenden Reformbedarf bei den Datenschutz-Aufsichtsbehörden auf nationaler und europäischer Ebene gebe. Die Unternehmen sehen hier dringenden und grundsätzlichen Reformbedarf. Nur 7 Prozent sind der Meinung, das System der Datenschutz-Aufsicht solle unverändert bleiben. 69 Prozent wünschen sich teilweise Reformen, während 21 Prozent sogar grundlegende Änderungen fordern. Ganz oben auf der Reform-Wunschliste: Bessere Abstimmung zwischen den Behörden (74 Prozent), die Anerkennung der Entscheidungen anderer Aufsichtsbehörden (72 Prozent) sowie eine zentrale Datenbank zu allen Entscheidungen (70 Prozent).

Folgen von Datenschutzverstöße

Trotz der Herausforderungen geben 20 Prozent der Unternehmen an, in den vergangenen zwölf Monaten Datenschutzverstöße erlebt zu haben. Die Folgen sind oft gravierend: 11 Prozent bezeichnen die Auswirkungen als sehr schwerwiegend. Fragt man die Unternehmen nach den konkreten Folgen der schwersten Datenschutzverletzung der vergangenen zwölf Monate, so nennen fast alle (94 Prozent) den organisatorischen Aufwand, etwa Information der Kundinnen und Kunden. Dahinter folgt aber bereits mit 47 Prozent ein Bußgeld. 14 Prozent haben Kunden verloren, 5 Prozent mussten Schadenersatz bezahlen. Weitere 3 Prozent beklagen Reputationsschäden. Nur nur 3 Prozent aller Unternehmen hatten keine Probleme Datenschutzverstößen.

Politische Wünsche und Erwartungen vor der kommenden Bundestagswahl

Vor dem anstehenden Wahljahr erwarten die Unternehmen mit von der Bundesregierung insbesondere drei Dinge: Die Zusammenführung der vielen Sonder- und Spezialvorschriften zu Datenschutz und Datennutzung (91 Prozent), europäisch stärker vereinheitlichte Datenschutzvorgaben (87 Prozent) sowie die Reduzierung des bürokratischen Aufwands bei Datenschutzvorfällen (79 Prozent). „Wir brauchen beim Datenschutz Einfachheit und Klarheit. Der Datenschutz hat tiefgreifende Auswirkungen auf Unternehmen ebenso wie auf die Gesellschaft, deshalb muss er verständlich und praxistauglich gemacht werden“, erläutert Dehmel.

Ausführliche Informationen zum Thema werden am 9. und 10. Oktober auf der Bitkom Privacy Conference besprochen.  Die Anmeldung zur Online-Veranstaltung ist kostenlos möglich unter www.privacy-conference.com/tickets.  

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