Der rasche Ausbau der erneuerbaren Energie, insbesondere der Windkraft, und des Batteriesektors sowie der Aufbau einer leistungsstarken Wasserstoffindustrie lassen erkennen: Norwegen, Deutschlands größter Lieferant fossiler Brennstoffe, setzt auf die Elektrifizierung. „Die Pariser Klimaziele sind auch für das Partnerland der diesjährigen Hannover Messe ein wichtiger Motivator für die Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft“, erklärt Mark Becker-von Bredow, Bereichsleiter Elektrifizierung und Klima beim ZVEI. „Darüber hinaus hat Norwegen erkannt, dass seine Einkünfte aus der Förderung von fossilen Energieträgern endlich sind und die Energiewelt künftig eine andere sein wird, erneuerbar, effizient und digital vernetzt.“ Bei der grünen Transformation setzt das Land auf Technologien und Lösungen der deutschen Elektro- und Digitalindustrie.
Besonders nachgefragt sind Produkte aus der Automation, Energietechnik und aus dem IKT-Sektor. Zusammengenommen stehen sie für 48 Prozent der Branchenexporte nach Norwegen. „Wir erwarten, dass die Ausfuhren weiter zulegen werden“, so Becker-von Bredow. „Norwegen fragt CO2-mindernde Technologien aus dem Produktportfolio unserer Mitgliedsunternehmen stark nach. Positiv wirken sich auch der starke Digitalisierungstrend und der Ausbau der Infrastruktur aus.“ Der ZVEI geht deshalb davon aus, dass sich der norwegische Elektromarkt, der derzeit nur auf Platz 35 liegt, perspektivisch vorarbeiten wird.
Elektrifizierungs-Weltmeister im Mobilitätssektor
Über 80 Prozent aller neu zugelassenen PKW fahren in Norwegen bereits elektrisch, ab dem kommenden Jahr sollen dann sogar alle neuen Autos emissionsfrei fahren. Fähren folgen ab 2026 und der gesamte öffentliche Personennahverkehr ab 2028. „Jenseits des klimafreundlichen Aspekts sprechen in Norwegen zwei Gründe für die hohe Attraktivität von E-Mobilität: die hohe staatliche Förderung und ein flächendeckendes Netz an öffentlichen Ladepunkten.“
Auch im Wärmesektor ist der Weg konsequent in Richtung Elektrifizierung eingeschlagen worden. Ein Einbauverbot für Gasheizungen ist bereits seit 2020 in Kraft getreten. Mehr als 60 Prozent der Haushalte nutzen mittlerweile Wärmepumpen zur Deckung ihres Wärmebedarfs. „Norwegen zeigt, wie sich auch die beiden besonders klimarelevanten Sektoren, Mobilität und Gebäude, dekarbonisieren lassen“, stellt der ZVEI-Experte fest. Die fortschreitende Elektrifizierung führe das Land aber auch vor eine große Herausforderung: Durch die schnell steigenden Strombedarfe gerade in der Industrie und auch im privaten Bereich könne es sein, dass Norwegen schon ab 2028 auf Stromimporte angewiesen ist. Da sei es gut, dass Norwegen schon heute über zwei Seekabel mit dem europäischen Festland verbunden sei. „Die fortschreitende Elektrifizierung wird die Energiepartnerschaft Deutschlands und Norwegens weiter vertiefen“, ist Becker-von Bredow sicher. „Windstrom aus Norddeutschland wird so auch den Weg nach Norwegen nehmen.“