Das ehrgeizige Reformprojekt der EU zur Kontrolle der Lieferketten steht weiter ohne Mehrheit da. In der deutschen Wirtschaft sorgt das für Aufatmen. Der Mittelstand fordert nun, dass auch das nationale Gesetz mit zahlreichen Berichtspflichten auf den Prüfstand kommt.
Die EU-Länder haben sich nicht auf das umstrittene Lieferkettengesetz einigen können – zur Freude der deutschen Wirtschaft. Der vorliegende Kompromiss habe nicht die notwendige Mehrheit erhalten, wie die belgische Ratspräsidentschaft in Brüssel mitteilte. Für eine endgültige Abstimmung im Europäischen Parlament wäre eine “qualifizierte Mehrheit” von 15 EU-Ländern erforderlich gewesen, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. In der Ampel-Regierung waren SPD und Grüne für eine Zustimmung, die FDP dagegen. Nach den Koalitionsregeln muss sich die Bundesregierung daher enthalten.
In der Richtlinie sollten Unternehmen verpflichtet werden, etwa die Einhaltung von Menschenrechten auch bei ihren Lieferanten sicherzustellen. Angewendet werden sollten die Vorgaben auf EU-Firmen mit mindestens 500 Beschäftigten und einem Konzernumsatz von über 150 Millionen Euro. Bei Verstößen sollen Strafen von bis zu fünf Prozent des weltweiten Umsatzes fällig werden.
“Auch deutsches Gesetz muss überarbeitet werden”
Deutsche Firmen sind bereits einem nationalen Lieferkettengesetz unterworfen. “Der deutsche Mittelstand ertrinkt auch ohne zusätzliche Belastungen aus Brüssel in Berichtspflichten und einer Flut von Fragebögen”, sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura. “Wettbewerbsfähigkeit steigert man nicht, indem eine schlechte Regelung auf ganz Europa ausgeweitet wird.”
Die geplante europäische Richtlinie helfe den Menschenrechten nicht, schade den mittelständischen Unternehmen und erschwere die Diversifizierung der Lieferketten. “Auch das deutsche Lieferkettengesetz muss deshalb jetzt dringend überarbeitet werden”, forderte Jandura. Ähnlich sehen das die Familienunternehmer. “Ich bin sehr erleichtert, dass nun der Weg frei ist, um eine praktikablere und effektivere Regulierung zu erarbeiten”, sagte deren Präsidentin Christine Ostermann.