Der EMI (Einkaufsmanagerindex Deutschland) stellt fest: Die deutsche Industrieproduktion hat auch im Oktober unter dem anhaltenden Rückgang der Neuaufträge gelitten. Vielerorts wurde die Fertigung nur durch den verstärkten Abbau der Auftragsbestände hochgehalten, teilte der Finanzdienstleister S&P Global in London mit.
Unterdessen entspannte sich die Situation in den Lieferketten angesichts der schleppenden Nachfrage weiter. Dies und der teils erbitterte Wettbewerb um Neuaufträge ließ sowohl die Kosten als auch die Verkaufspreise weiter sinken. Der HCOB Einkaufsmanagerindex Deutschland (EMI) verharrte mit 40,8 Punkten im Oktober deutlich unter der Wachstumsschwelle von 50,0.
„Die anhaltend rückläufige Nachfrage dämpft laut aktuellem EMI nicht nur die deutschen Exporte, sondern wird zur Dauerbelastung für die Industrieproduktion. Deshalb ist mit einer nachhaltigen konjunkturellen Trendwende – geschweige denn, einem selbsttragenden Aufschwung – bis Ende dieses Jahres wohl nicht zu rechnen“, betonte BME-Vorstandsvorsitzende (Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V.) Gundula Ullah. Jetzt bleibe nur die Aussicht, dass die deutsche Wirtschaft, wie von einigen Volkswirten prognostiziert, 2024 wieder Fahrt aufnimmt. Bis dahin sollten Unternehmen die Zeit nutzen und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken. Für die Industrie bedeute das unter anderem, sich „jetzt durch langfristigere Investitionsprojekte fit für die Zukunft zu machen“, so Frau Ullah abschließend.
„Es gibt Hoffnung. Der jüngste EMI zeigt wieder nach oben – wenn auch das Niveau noch niedrig ist. Rückläufige Preise bei Vorleistungsgütern reduzieren den Preis- und Margendruck“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Nach vorne gerichtet werde dies im nächsten Jahr den Disinflationstrend (Verringerung des Preisniveauanstiegs) verstärken und damit auch auf der Verbraucherseite wieder reale verfügbare Einkommen zulassen. „Das wird die Nachfrage erhöhen. Zyklisch sollten wir das Schlimmste gesehen haben“, fügte die Helaba-Bankdirektorin in ihrem Statement für den BME hinzu.
„Seit Frühjahr 2022 kommt die deutsche Volkswirtschaft nicht voran. Eine richtige Rezession ist es nicht, vielmehr ein lebloses Dahindümpeln zumeist knapp unter der Nulllinie. Die Unternehmen setzen auf eine bessere Zukunft, wenn die Kaufkraft der Konsumenten – dank sinkender Inflation und eines beschleunigten Lohnwachstums – zurückkehrt und die geldpolitischen Bremseffekte hierzulande wie auch bei den Handelspartnerländern an Wirkung verlieren“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, dem BME.
„Die Durststrecke in der Industrie hält an. Die Unternehmen haben nicht nur unter einer immensen Kosten- und Bürokratiebelastung zu leiden. Auch die Neuaufträge sind angesichts einer schleppenden Konjunktur im In- und Ausland weiterhin schwach. Die Auftragspolster schmelzen langsam ab. Ein breiter Aufschwung ist erstmal nicht in Sicht. Vielmehr droht der Wirtschaft noch eine lange und zähe Phase der Stagnation“, teilte DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen dem BME mit.
Über den EMI:
Der HCOB Einkaufsmanagerindex Deutschland (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Er ist eine Momentaufnahme der Geschäftssituation im Verarbeitenden Gewerbe und ein gewichteter Durchschnitt der Messwerte für Neuaufträge, Produktion, Beschäftigung, Lieferzeiten und Vormateriallager. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des BME. Er wird von S&P Global, einem börsennotierten US-amerikanischen Finanzdienstleistungskonzern, erstellt und beruht auf der Befragung von rund 500 Einkaufsleitern und Geschäftsführern der Verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (S&P Global US Manufacturing PMI).