Der FEHR hat im Rahmen der Jahrestagung mit den Neuwahlen des Vorstandes durch die Mitglieder die Weichen für die zukünftige Verbandsarbeit gestellt.
Bei der 18. Jahrestagung des Fachverbandes Elektro- und Informationstechnik Hessen / Rheinland-Pfalz (FEHR) in Frankfurt am Main stand neben der Wahl von Präsident und Vorstand auch die Verabschiedung des scheidenden Verbandsobersten Christoph Hansen auf der Agenda. Mit Stefan Ehinger als neuem FEHR-Präsidenten vollzieht der Verband einen Generationenwechsel und stellt die Weichen, um die hessischen und rheinland-pfälzischen E-Handwerke noch besser für die Herausforderungen von Digitalisierung und Energiewende zu rüsten. Den Festakt im Senckenberg Museum eröffnete Hessens Ministerpräsident Boris Rhein.
Alle fünf Jahre stehen im Fachverband Elektro- und Informationstechnik Hessen / Rheinland-Pfalz (FEHR) Wahlen an, und so war die 18. Jahrestagung (15. / 16.9.) auch diesmal mit Spannung erwartet worden. Drehte sich am Vormittag des ersten, sehr gut besuchten Veranstaltungstages im Marriott Hotel Frankfurt – Gastgeber der FEHR-Jahrestagung 2023 war die Innung für Elektro- und Informationstechnische Handwerke Frankfurt – noch alle um das Thema „Herausforderungen der Energiewende“, so stand die Versammlung nach der Mittgaspause ganz im Zeichen der Wahlen sowie der Verabschiedung von Christoph Hansen. Dass dessen Nachfolger, der bisherige FEHR-Vize- und ZVEH-Präsident Stefan Ehinger, seine Ernennung am Samstag in seiner Heimatstadt feiern konnte, verlieh der 18. Jahrestagung noch einmal einen besonderen Akzent.
Energiewende und ihre Herausforderungen
„Wärmepumpen, Speicher und Photovoltaik sind für uns ja nichts Neues“, leitete FEHR-Präsident Christoph Hansen nach einer kurzen Begrüßung der Delegierten zu den Vorträgen der beiden nächsten Referenten über: „die Frage, die es zu stellen gilt, ist aber: Wie gehen wir mit der irrsinnigen Beschleunigung um, für die die Politik gesorgt hat?“
Antworten hatte zwar auch Martina Butz, Vorsitzende des Landesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft Hessen und Geschäftsführerin der Stadtwerke Hanau GmbH, nicht parat. Die Rechtsanwältin zeigte in einem spannenden Vortrag aber auf, wie sich Kommunen wie Hanau und deren kommunale Energieversorger für die mit der Energiewende einhergehende Elektrifizierung rüsten. Dabei machte Butz freilich auch Schwächen der von der Politik vorgegebenen Marschrichtung deutlich und verwies auf die Probleme beim Einbau von Smart-Meter-Geräten, fehlende Prognosen bezüglich der Netzbelastung, ausufernde Genehmigungsverfahren, fehlende Netzkapazitäten und unrealistische Erwartungen an Wärmepumpen und Elektromobilität. Wenig Illusionen machte Butz ihren Zuhörern auch hinsichtlich der kommunalen Wärmeplanung, die schon aufgrund der hohen Kosten kein Erfolgsmodell werden könne. Stattdessen warb die Geschäftsführerin der Stadtwerke Hanau GmbH für eine dezentrale Stromerzeugung und machte hier deutlich, welch‘ wichtige Rolle den e-handwerklichen Betrieben vor Ort bei der Installation dezentraler Anlagen zukommt: „In der Beratung sind Sie als Handwerker das Gesicht vor Ort! Gemeinsam müssen wir es schaffen, vor allem auch die Kunden mitzunehmen.“
Wachstumsmärkte erobern und gewerkeübergreifende Kooperationen nutzen
Mit dem Appell, Kooperationen als wichtiges Instrument zu begreifen, um bevorstehende Herausforderungen zu meistern, sprach Martina Butz nicht nur Christoph Hansen aus der Seele, sondern auch ihrem Nachredner, Mike Lorenz. Der Beisitzer im FEHR-Vorstand, Obermeister der Innung Main-Kinzig und stellvertretende Landesfachbereichsleiter Elektrotechnik im FEHR, widmete sich in seinem Vortrag dem Potential, das der Wachstumsmarkt „Photovoltaik“ e-handwerklichen Betrieben bietet. Dabei machte Lorenz, der in seinem Unternehmen seit Jahren auf PV spezialisiert ist, anhand diverser Rechenbeispiele und eines Überblicks über die Solarpakete I und II der Bundesregierung nicht nur deutlich, warum es sich lohnt, PV-Anlagen zu installieren und sich auf lange Sicht in diesem Geschäftsfeld zu engagieren. Er rief seine Kolleginnen und Kollegen auch dazu auf, das Feld nicht den aggressiv expandierenden Start-ups zu überlassen und eng mit dem Dachdecker-Handwerk zu kooperieren. Im Gespräch mit Norbert Hain, Geschäftsführer des Landesinnungsverbandes des Dachdeckerhandwerks in Hessen, und Stefan Schöffmann, Landesinnungsmeister des Dachdeckerhandwerks Hessen, verdeutlichte der PV-Experte, warum es sinnvoll ist, Kompetenzen durch gewerkeübergreifende Kooperationen zu bündeln und leitete damit zu dem in Arbeit befindlichen Leitfaden des FEHR für Kooperationen mit den hessischen Dachdeckern über. Sein Fazit, das gleichermaßen für die Zusammenarbeit mit dem SHK-Handwerk gilt: „Lasst uns die Chance nutzen, Zukunft gemeinsam zu gestalten!“
Wahlen als Höhepunkt der Mitgliederversammlung
Nach einer kurzen Mittagspause eröffnete FEHR-Präsident Hansen dann mit den Worten „Die Weichen für die nächsten 18 Jahre in unserem Verband werden auch heute gestellt“ und in Anwesenheit der beiden Ehrenpräsidenten Bernd Ehinger und Rainer Übel die Mitgliederversammlung. Nach einer kurzen Schweigeminute für den 2022 verstorbenem Ehrenobermeister Wolfgang Hild (Innung Westerwald) und der Bekanntmachung, dass Stefan Petri, im FEHR verantwortlich für die Bereiche „Elektro- und Informationstechnik“ sowie „Ausbildung“, zum 1. Oktober den Posten des stellvertretenden FEHR-Geschäftsführers übernimmt, fasste Hansen in seinem Tätigkeitsbericht die wichtigsten Entwicklungen seiner zweiten Amtszeit, darunter auch das kontinuierliche Wachstum der E-Handwerke, die Anerkennung der Systemrelevanz im Zuge der Corona-Pandemie, die Rückkehr der Light + Building und die Fortschritte im Bereich der Digitalisierungsagenda, zusammen.
Dabei nahm sich Hansen in seinem letzten Tätigkeitsbericht auch die Freiheit – „nach zehn Jahre darf man Resümee ziehen“ –, Politik und Elektroindustrie in die Pflicht zu nehmen und seinen Vorstandskollegen, den ehrenamtlichen Mitstreiterinnen und Mistreitern im FEHR sowie auch den Kolleginnen und Kollegen der FEHR-Geschäftsstelle für ihren Einsatz zu danken: „Ich wusste in diesen zehn Jahren immer, dass wir für alle Diskussionspunkte auch gemeinsam Lösungen finden“. Auch seine Entscheidung, nicht noch einmal für das FEHR-Präsidentenamt anzutreten und, wie vor zwei Jahren bereits im ZVEH geschehen, Platz für einen jüngeren Nachfolger zu machen, begründete Hansen mit dem für ihn typischen Humor – „ich erkläre mich für nicht mehr wählbar“ – sowie dem ernst gemeinten Appell: „Auch in Zukunft gilt: Nur durch Teamarbeit entstehen Effektivität und Schlagkraft!“ Belohnt wurden Hansens letzte offizielle Worte mit lang anhaltenden Standing Ovations.
An Hansens Rede schlossen sich der Bericht des Schatzmeisters Marcel Schmitt und des Rechnungsprüfungsausschusses, die Genehmigung der Jahresrechnung und die Entlastung von Vorstand und Geschäftsführung an. Kurze Diskussionen entspannen sich bei der Beschlussfassung zur neuen Beitragsregelung – ab 2025 wird der FEHR sein Beitragsmodell an das des ZVEH anpassen und dazu auf eine neue, zeitgemäßere Berechnungsgrundlage zurückgreifen –, bei der Änderung der Reisekostenverordnung sowie der Änderung des Berechnungsverfahrens für Gesellenprüfungsaufgabensätze.
Stefan Ehinger neuer FEHR-Präsident
Und dann folgte der wohl wichtigste Tagesordnungspunkt der Jahrestagung: die Wahl eines neuen Präsidenten sowie der beiden Vizepräsidenten. Geleitet wurde die Wahl von Ehrenpräsident Rainer Übel. Als seinen Nachfolger im höchsten Verbandsamt schlug Christoph Hansen mit Stefan Ehinger (42) einen der beiden bisherigen Vizepräsidenten vor. Ehinger, der von den rund 102 Anwesenden Delegierten in geheimer Wahl mit überwältigender Mehrheit gewählt wurde, bedankte sich für das Vertrauen und machte deutlich, wohin die Reise in den kommenden fünf Jahren gehen soll: „Wir alle sind FEHR. Bitte nehmen Sie mich beim Wort und in die Pflicht – vor allem auch dann, wenn Sie das Gefühl haben, dass etwas falsch läuft.“ Vor Stefan Ehinger hatte bereits sein Vater, Bernd Ehinger, das FEHR-Präsidentenamt inne (2006 – 2008).
Als Vizepräsidenten wurden im nachfolgenden Wahlgang Reimund Niederhöfer (Rheinland-Pfalz) und Michael Weber (Hessen) gewählt. Während Niederhöfer wiedergewählt wurde, trat Weber die Nachfolge von Stefan Ehinger an. Anschließend wurden die bereits am Vormittag in den Fachbereichen gewählten Vorsitzenden der Landesfachbereiche bestätigt – für den Bereich „Elektrotechnik“ Mike Lorenz und Lars Tenschert, für die „Informationstechnik“ Jürgen Heun und Hans Peter Kirchhof sowie im Bereich „Elektromaschinenbau“ Thomas Kübler und Stefan Neurath.
Bei der Wahl der Ausschuss-Vorsitzenden wurde im Bereich „Berufsbildung“ Stefan Ehleiter wiedergewählt, im Bereich „Wirtschaftspolitik“ rückte Michael Weber für Stefan Ehinger nach. Im Bereich „Öffentlichkeitsarbeit“ wurde Michael Schreiner wiedergewählt, in der „Tarif- und Sozialpolitik“ Reimund Niederhöfer. Die Rolle der sechs Beisitzer – drei aus Hessen, drei aus Rheinland-Pfalz – übernehmen für Hessen Marcel Schmitt (Innung Frankfurt), Kai Rosenberg (Innung Main-Taunus) und Reiner Hühne (Innung Gießen); für Rheinland-Pfalz Marco Kraus (Innung Rhein-Mosel), Rainer Schmitz (Innung Westeifel) und Manuel Borner (Innung Vorderpfalz).
Der Ausschuss für Tarif- und Sozialpolitik wird bis 2028 bestehen aus Diplom-Ingenieur Tim Oswald Arnheiter (Innung Vorderpfalz), Reiner Hühne (Innung Gießen), Lothar Jost (Innung Vogelsbergkreis), Kerstin Kranich (Innung Darmstadt), Thomas Kübler (Innung Bingen-Mainz-Worms), Rainer Lamberti (Innung Rhein-Mosel), Stefan Popp (Innung Rhein-Lahn), Sabrina Schmitt (Innung Frankfurt), Diplom-Betriebswirt (FH) Christian Werner (Wiesbaden-Rheingau-Taunus) und Benjamin Schielke (Innung Kassel). Ebenfalls gewählt wurde ein neuer Rechnungsprüfer. Auf den ausscheidenden Andreas Heinzelmann (Innung Frankfurt) folgt hier Stefan Popp (Innung Rhein-Lahn).
Mit Christoph Hansen nun vier Ehrenpräsidenten
Kurz vor Ende der Mitgliederversammlung ergriff schließlich noch einmal Stefan Ehinger das Wort. Mit dem Vorschlag, Christoph Hansen als Anerkennung für dessen Verdienste um die e-handwerkliche Organisation zum Ehrenpräsidenten zu ernennen, sprach er vielen Delegierten aus der Seele. Nach einer kurzen Würdigung von Hansens Verdiensten und einem ganz persönlichen Dankeschön – „dass Du mich so früh in den FEHR-Vorstand geholt hast, war Ansporn und Ehre zugleich“ – folgten eine hoch emotionale filmische Verbeugung vor dem scheidenden Verbandsoberhaupt und die einstimmige Wahl Hansens. Sichtlich gerührt nahm dieser die Wahl an und dankte anschließend noch einmal Marcel Schmitt und seinem Team von der Elektroinnung Frankfurt für die gelungene Organisation der Veranstaltung.
Noch einmal emotional wurde es, als Christian Müller, Obermeister der Elektro-Innung Ahrweiler, sich bei den versammelten Kolleginnen und Kollegen für die schnelle und tatkräftige Unterstützung des Verbandes nach der Flutkatastrophe 2021 bedankte: „Wir haben seinerzeit erfahren dürfen, was Gemeinschaft bedeutet.“ Wie zuvor schon bei der Wahl Hansens erntete auch er lang anhaltende Standing Ovations.
Ministerpräsident Boris Rhein: „E-Handwerk noch nie so wichtig wie heute“
Auf die Mitgliederversammlung folgte der feierliche Teil der diesjährigen Jahrestagung: der vom hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein und von Susanne Haus, Präsidentin der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, eröffnete Festabend im Senckenberg Museum.
Im Rahmen des Festabends erhielt Ehrenpräsident Christoph Hansen die höchste Auszeichnung des FEHR, die goldene Ehrennadel mit Brilliant von Präsident Stefan Ehinger, nach vorausgegangener Laudatio der Präsidentin der HWK Rhein-Main, Frau Susanne Haus. Die weiteren scheidenden Vorstandsmitglieder Bernd Krüger und Paul Seifert wurden mit der goldenen Verbandsnadel ausgezeichnet. Ebenso ausgezeichnet wurden die Landessieger Leonard Schilling und Marius Joneck, der ergänzend bei den Deutschen Meisterschaften der E-Handwerke 2022 zweiter Bundessieger geworden ist, für herausragende Leistungen und einem Geschenk des FEHR. Die Ehrungen erfolgten durch Präsident Stefan Ehinger und Ministerpräsident Boris Rhein.
In den festlich beleuchteten Hallen des Museumskleinods lobte Rhein vor rund 200 Gästen die herausragenden Leistungen der E-Handwerke und machte ausdrücklich auf deren Bedeutung für Energiewende und Klimaschutz aufmerksam: „Das Elektrohandwerk war noch nie so wichtig wie heute. Denn ohne Strom läuft nichts mehr. Obwohl unser alltägliches Leben nicht vorstellbar wäre ohne die Elektrohandwerker, bekommen sie nicht immer die Wertschätzung, die sie verdienen. Deshalb möchte ich ihnen ausdrücklich danken für all das, was sie täglich leisten.“ Eine Anerkennung von höchster Stelle, die mit tosendem Applaus quittiert und nach der noch lange gemeinsam gefeiert wurde.
Die 19. Jahrestagung des FEHR findet am 13. + 14. September 2024 in Trier statt.