Mitte der Woche kündigte die Bundesnetzagentur an, den Eigenkapitalzinssatz für Elektrizitäts- und Gasnetzbetreiber zu erhöhen. „Dieser Schritt ist richtig, damit die Netzbetreiber endlich stärker in den Ausbau und insbesondere die Digitalisierung der Stromnetze investieren“, sagt Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung. Gleichzeitig bedeutete er aber, dass Netzentgelte und damit der Strompreis weiter steigen werden. „Umso wichtiger ist es nun, dass der Strompreis endlich von bestehenden Umlagen und Abgaben, wie der Konzessionsabgabe, entlastet und die Stromsteuer auf europäisches Mindestmaß gesenkt wird“, so Weber weiter. Dies gelte für alle Verbraucher – private Haushalte wie Industrie. Sieben von zehn Unternehmen der deutschen Elektro- und Digitalindustrie haben sich in einer aktuellen Mitgliederbefragung des ZVEI beklagt, dass Stromkosten für sie eine spürbare Belastung im Wettbewerb darstellen. Ebenfalls sieben von zehn Unternehmen haben sich dabei für eine Senkung der Strompreise in der Breite ausgesprochen. Weber: „Daher muss die Bundesregierung auch an einer Ausweitung des Stromangebots und Nutzung von Flexibilitätspotenzialen durch neue Stromlieferverträge, sogenannten Power Purchase Agreements, und variable Tarife arbeiten, damit die Strompreise weiter gebremst werden.“
Denn die Unternehmen wollen investieren – trotz zunehmend schlechterer Standortbedingungen. Neun von zehn Unternehmen sind der Ansicht, dass sich die Qualität des Standorts Deutschland im Wettbewerb in den letzten fünf Jahren verschlechtert hat. Gründe hierfür sind laut der Mitgliederbefragung eine überbordende Bürokratie, hohe Belastungen durch Steuern und Abgaben sowie Unsicherheiten bei Stromkosten und Versorgungssicherheit. „Die Unternehmen leiden unter einem Regulierungstsunami und zu langsamen Genehmigungs- und Planungsverfahren. Hinzu kommt: Nicht nur Strom, sondern auch die Steuern sind bei uns im Ländervergleich mit am höchsten“, erklärt Weber. „Dabei sind die Unternehmen grundsätzlich willens, zu investieren und so die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu sichern.“ So planen 75 Prozent der Unternehmen, im laufenden Jahr mindestens genauso viel wie im Vorjahr oder sogar mehr zu investieren. Mehr als zwei Drittel wollen dabei vorrangig in Deutschland investieren (71 %). „Die Politik sollte diesen Willen unterstützen, statt weitere Hürden aufzubauen“, fordert Weber. Man müsse auf die viel zitierte ‚Deutschland-Geschwindigkeit‘ beschleunigen.
Überregulierung bremst Innovationen aus
Neun von zehn Unternehmen der Elektro- und Digitalindustrie klagen laut ZVEI-Mitgliederbefragung über eine ausufernde Bürokratie, die zulasten von Innovation und Fortschritt gehe und den hiesigen und europäischen Industriestandort gefährdeten. Die ohnehin knappen Fachkräfte müssten sich vermehrt um die Einhaltung von Compliance-Richtlinien kümmern, anstatt neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und so die Produktivität zu steigern. „Ob Produktpass oder gemeinsamer Datenraum und anderes mehr: Die Politik muss den Unternehmen wieder mehr Gestaltungsräume bieten und einen Risiko- statt Vorsorge-basierten Regulierungsansatz einschlagen“, sagt Weber. Daher müsse der bürokratischen und regulativen Überbauung nahezu jedweder unternehmerischen Initiative Einhalt geboten werden.
An der ZVEI-Mitgliederbefragung Ende Mai 2023 haben 139 Unternehmen der Elektro- und Digitalindustrie teilgenommen. Sie stehen für einen Jahresumsatz von über 40 Milliarden Euro.